Urkunst
Wo hängen solche Bilder, wo könnten sie hängen? In einer Galerie, welche eine zweite Generation von pattern-painters vorstellt, denen an ornamentaler Klarheit und Reduktion der Mittel gelegen ist? Oder ist es eine Kreuzung aus Op-Art mit dem kryptischen Vokabular der Abstrakten, eines Willi Baumeisters vielleicht?
Sie hängen im Alexander-König-Museum in Bonn, einem der seltsamsten Plätze des Rheinlandes, und ihr Vokabular ist in der Tat ein unzugängliches, ihren europäischen Betrachtern so fern wie der Kontinent, von dem sie stammen, Australien.
Der Versuch, den inneraustralischen Stämmen mit Papier, Leinwand, Pinsel und Farben neuzeitliches Material in die Hand zu geben für die Umsetzung von Bildern, die vormals auf Felsenwände oder Holz, mit Ästen oder Sand gefertigt worden waren, brachte diese Kreuzung zustande, die einen traditionellen Formenkanon mit neuen Techniken verbindet. Es ist keine airport-art, die solcherart entsteht, nicht der handwerklich miserable Ausverkauf traditioneller Kultgegenstände an Touristen, die wegen ihrer Nähe zu den Reiseverkehrsknotenpunkten so benannt worden ist. Wie etwa auch in Tansania versucht man in Australien, durch Schulen und werkstättenähnliche Arbeit die traditionelle Kunst der vorkolonialen Kulturen zu fördern, ohne sie bloß zu kommer zialisieren. Diese Überführung von Kulturobjekten in Kunstobjekte trifft auf Widerstand: die geheime Formensprache der Bilder ist nicht beliebig exponierbar, manche Maler gaben unter dem Druck ihrer Stammesmitglieder ihre Arbeit auf, weil sie nicht als Verräter gelten wollten, andere verloren das Interesse an dieser Art von inneraustralischer Entwicklungshilfe oder zogen sich auf traditionelle Herstellungstechniken zurück. In diesem Widerspruch sind die Werke zu sehen, die eine Ausstellungstournee der Aboriginal Artists Agency in Sidney…