Uriel Orlow
„Theatrum Botanicum“ als Spiegel der Kolonialisierung Südafrikas
Kunst Halle St. Gallen 14.04. – 17.06.2018
von Dominique von Burg
„Mandelas Gold“ nennt man die Pardiesvogelpflanze seit der Ernennung von Nelson Mandela zum Präsidenten von Südafrika. Die Arbeit „Grey, Green, Gold“ (2015 – 17) beleuchtet seine achtzehnjährige Gefangenschaft (1964 – 1982). Im Gefängniskomplex bepflanzte Mandela einen Garten und versteckte darin das Manuskript seiner später veröffentlichen Biographie. In diesem Zeitraum wurde die einem exotischen Vogelkopf ähnelnde Blüte im Kirstenbosch National Botanical Garden gezüchtet, die der Kolonialist Cecil Rhodes, nach Südafrika gebracht hatte. Um die Pflanzen vor gefrässigen Eichhörnchen zu schützen, müssen sie mit Maschendraht eingewickelt werden, der so wiederum an Mandelas Gefangenschaft erinnert.
Dies ist eine von vielen, ungeheuer fesselnden Geschichten, die Uriel Orlow (geb. 1973, Zürich) während seiner Aufenthalte in Südafrika vernahm. Dort ist er den verschlungenen Wegen der Kolonialgeschichte mittels Oral History und Archivrecherchen nachgegangen und stiess auf abstruse Zusammenhänge, die er in multimedialen und narrativen Arbeiten nachzeichnet. Anlass war die Einladung einer Kuratorin nach Kapstadt und ihre gemeinsame Begegnung im botanischen Garten. Gegründet um 1913, gilt er als einer der schönsten der Welt und ist einer der ersten, der sich einheimischen Pflanzen widmet. Dem Künstler fiel gleich auf, dass die Schildchen noch über zwanzig Jahre nach der Apartheid mit englischen und lateinischen Pflanzennamen beschriftet sind. Dieser Doppelname suggeriert ein eurozentristisches System mit universalem Anspruch. Orlows Erkenntnis, dass Pflanzen in die Kolonialgeschichte miteinbezogen sind, inspirierte ihn zum „Theatrum Botanicum“. Auf die Katalogisierung von Pflanzen, die indigene Namen missachtete und botanisches…