Josef Bairlein
Urbane Kollision
Eine Annäherung an das Format des Video Walks anhand der Projekte von Janet Cadriff und George Bures Miller
Ob in Pittsburgh, San Francisco, New York oder Berlin das Format des Video Walks ist vor allem mit zwei Namen verknüpft, denen von Janet Cardiffs und George Bures Millers. So auch in Kassel. Anlässlich der dOCUMENTA (13) kreierten die beiden dort „Alter Bahnhof Video Walk“. Mit Kopfhörern und einem mobilen Abspielgerät ausgestattet setzt sich der Teilnehmer – im Folgenden auch als Walker angesprochen – auf eine Bank. „I’m sitting here right now with you in the train station in Kassel watching the people pass by“1 – es ist die Stimme Cardiffs, die der Teilnehmer vernimmt, während auf dem Display die Bahnhofshalle erscheint, aufgenommen aus der gleichen Perspektive, die auch der Teilnehmer eingenommen hat. Die Architektur ist (größtenteils) unverändert, die Passanten und Situationen, der Lichteinfall und das Wetter aber haben sich gewechselt. Eine Musikkapelle wird sicht- und hörbar und der Walker aufgefordert, ihr zu folgen. Eine Prozession setzt sich in Bewegung; die Teilnehmer machen sich einzeln auf den Weg durch die Bahnhofshalle – auf dem Bildschirm das Abbild des Bahnhofes. Es erscheint, als ob sie die gezeigten Bilder selbst aufnehmen würden, „als bedienten sie selbst die Kamera“ – wie es in der Ankündigung zu „Alter Bahnhof Video Walk“ heißt.2 Die Bewegungen, die durch die Kameraführung angeleitet werden, sind den Walkern aus der alltäglichen Praxis des Fotografierens und Filmens mit dem Smartphone bekannt und vertraut. Der Weg führt über den Bahnsteig, …