vorheriger
Artikel
nächster
Artikel
Ausstellungen: Wien · von Dieter Buchhart · S. 442 - 443
Ausstellungen: Wien , 2001

Dieter Buchhart
Unternehmen Capricorn

Christoph Steinbrener, Sylvia Eckermann/Mathias Fuchs
Karmeliterviertel, Wien, 2.5. – 30.6.2001

Gelegentlich erinnern noch Gedenktafeln in den verwinkelten Gassen des Karmeliterviertels im zweiten Wiener Gemeindebezirk an das frühere jüdische Ghetto und die erschreckenden Exzesse der “Reichskristallnacht”. Zwischen dem 9. und 10. November 1938 wurden mehr als dreißig Synagogen und Bethäuser in der Leopoldstadt zerstört. Heute ist das ehemals so belebte Viertel massiv von den Folgen des Kleingewerbesterbens betroffen. Leere Geschäftslokale reihen sich sinnentleert aneinander.

Derzeit haben auf Einladung von Christoph Steinbrener zehn österreichische Museen im Rahmen seines Kunstprojektes “Unternehmen Capricorn” in kleinen ehemaligen Geschäftsräumen temporäre “Dependancen” eröffnet. Manch ungewöhnliches erstmals der Öffentlichkeit zugängliches Exponat wurde von den Hauskuratoren und Direktoren ausgewählt, wobei gesucht wurde eine Verbindung zur Geschichte des Ortes oder der Stadt herzustellen. So erinnert ein einziger in einem leeren Raum stehender Kidduschbecher aus dem ehemaligen Inventar des alten Jüdischen Museums, das sich in der Nähe des Karmelitermarkts befunden hatte, an dessen Zerstörung. Um die Ecke starrt fast penetrant ein dreieinhalb Meter großer “Hausen” aus dem Schaufenster. Die Haut des lebensecht wirkenden Fisches, der 1897 an der Donau/Raab Mündung gefangen und anschließend mit Gips gefüllt wurde, musste schon längst durch die Donauregulierung, durch Kraftwerke und Staustufen diesen Lebensraum aufgeben. Jetzt soll der Riesenfisch einerseits an die bedrohte Artenvielfalt erinnern, andererseits repräsentiert er das Wiener Naturhistorische Museum. Das Exponat ist gleichzeitig Hinweis auf das Sammlungsverständnis und die Sammlungsstruktur des Museums als konventionelle Vermittlungsinstitution des Naturbegriffs mit sowohl historischen als auch zeitgenössischen Präsentationssystemen und Ausdruck des jeweiligen wissenschaftlichen Naturverständnisses. Obwohl der…



Kostenfrei anmelden und weiterlesen:

  • 3 Artikel aus dem Archiv und regelmäßig viele weitere Artikel kostenfrei lesen
  • Den KUNSTFORUM-Newsletter erhalten: Artikelempfehlungen, wöchentlichen Kunstnachrichten, besonderen Angeboten uvm, jederzeit abbestellbar
  • Exklusive Merklisten-Funktion nutzen
  • dauerhaft kostenfrei