Martin Blättner
Unter Helden
»Vor-Bilder in der Gegenwartskunst«
Kunsthalle Nürnberg, 26.5. – 24.7.2011
Autsch, da ist es passiert: Das berühmte von Marcel Duchamp 1917 mit „R. Mutt“ signierte und als „Fontäne“ betitelte Pissoirbecken liegt in Bruchstücken am Boden. Die Künstlerin Sabine Groß war so respektlos, das Porzellan-Objekt des Dada-Künstlers, das die Kunstwelt veränderte, in einer Nachbildung aus fünf Fragmenten zu installieren. Natürlich war es nicht das Original und das ist auch gut so, denn wir befinden uns damit mitten in einem Kunstdiskurs über die Fälschung, über historische Aneignungen, Zitate und Gedankenspiele, die um die Einzigartigkeit des Kunstwerks kreisen. Um Klarheit darüber zu gewinnen, ob das 21.Jahrhundert die Innovationen der Moderne ungebrochen fortführt oder ob man im Zeitalter der Postmoderne wieder beim Eklektizismus und Historismus des 19.Jahrhunderts angekommen ist, wurde die Kuratorin Harriet Zilch damit beauftragt, die bildnerischen Methoden der Gegenwartskünstler im Hinblick auf „Vor-Bilder“ der Kunstgeschichte zu durchleuchten. Der im Titel behauptete „Helden“-Begriff ist allerdings wohl eher einer ironischen Übertreibung zu verdanken. Die derzeit aufstrebende Generation geht wohl nicht vor den alten Meistern in die Knie – so viel sei schon mal vorweggenommen.
So ist wohl kalkulierte Hinterlist im Spiel, wenn der britische Künstler und Turner-Preisträger Mark Wallinger das beidseitig auf Aluminiumplatten reproduzierte Papst-Bildnis von Innozenz X. (Original von Diego Velásquez)mit einem Elektromotor rotieren lässt. Die Drehbewegung hypnotisiert den Betrachter geradezu, der auf Augenhöhe mit dem Portraitierten die kategorische Unschuldsbekundung kaum mehr anzweifelt. Das skandinavische Künstlerduo Elmgreen & Dragset nähert sich wohl dem „Helden“-Begriff des 19.Jahrhunderts am…