Ungleiche Wege.
Deutschland in der Fotokunst
von Uta M. Reindl
Für die Autorenfotografie in Ostdeutschland bedeutete 1977 die Ausstellung Medium Fotografie in Halle einen ersten Schritt. Ein Meilenstein für die Akzeptanz der Fotografie als Kunst hingegen war 1986 die von der Staatlichen Kunstsammlung initiierte Ausstellung Fotografie in der Kunst der DDR. Desillusioniert von der politischen Doktrin und Isolation, wollten junge Fotografen nicht mehr nur die Wirklichkeit abbilden. Somit erlebte die experimentelle Fotografie im Osten Deutschlands eine Renaissance und knüpfte damit an die 1950er Jahre an, als das Diktat des Proletariats noch funktionierte, in verstreuten, aber bedeutsamen Initiativen – wie etwa ab 1956 in der „Action-Fotografie“ mit Evelyn Richter und Günter Rössler, die beide zur Gründergeneration der DDR-Fotografie zählen. „Fotografie im Osten“ war, wie Matthias Flügge, ein profunder Kenner der DDR-Kunst, einmal betonte, „die meistagile und vielleicht auch meistauthentische Kunstform, […] weil das Wirklichkeitsversprechen der Fotografie damals zwar schon desavouiert, aber längst nicht so tief gebrochen war wie jetzt, im digitalen Zeitalter“. Als künstlerisches Medium sei Fotografie in der DDR „sehr, sehr langsam angenommen“ worden.1
Auffallend viele Frauen profilierten sich in den 1980er Jahren, als der Ausbruch aus der zentral gesteuerten Leitidee des Staates sowie die Selbstbefreiung eigene Wege in der Kunst, nicht nur in der dokumentarischen DDR-Fotografie, ermöglichten. Das lag am Rollenverständnis der Frauen in der DDR, die anders als in der BRD, in der das Hausfrauenideal hochgehalten wurde, selbstverständlich berufstätig waren und auch – wegen des positiv besetzten Amateurstatus in der Fotografie – rasch zum Fotodokumentarismus fanden. Karin Wieckhorst (geboren 1942) dürfte…