Natalia Ginzburg
Ungeschickte Reisende
Es gibt Menschen, die sich aufs Reisen verstehen, und andere, die sich nicht darauf verstehen. Es gibt Menschen, für die jede noch so kleine Reise oder Aussicht auf eine Reise Angst und Mühe bedeutet, eine zermürbende Unternehmung. Für andere ist es eine so einfache Handlung wie Naseputzen.
Es ist nicht gesagt, daß die Menschen, die nicht zu reisen verstehen, bei ihren seltenen Reisen nicht doch einen feinen Genuß empfinden. Aber es ist ein so hinter dichten Nebeln verborgener Genuß, daß sie ihn nicht bemerken; erst später werden sie einen Schatten davon in ihrer Erinnerung wahrnehmen. Es ist ein Genuß, der nicht daraus entsteht, daß man neue Orte kennenlernt oder kennengelernt hat. Diese seßhaften Tiere, diese ungeschickten Reisenden empfinden keine wirkliche, gelassene Neugier für die neuen Orte. Sie suchen, an den neuen Orten, einzig und allein nach einer Möglichkeit, sie so zu bewohnen, als wäre es für immer, den Ort einer Reise in einen ständigen Wohnsitz zu verwandeln. Der Genuß zu reisen besteht, für sie, einfach in dem herben, schwindelerregenden Gefühl, sich seine Existenz an einen – von dem gewohnten Platz verschiedenen – Ort verlegt vorgestellt zu haben.
Es ist schwierig, die Ängste der Menschen, die nicht zu reisen verstehen, aufzuzählen; Ängste, die sie tagelang in Alarmzustand versetzen und sie im Augenblick der Abreise überfallen. Vor allem anderen fürchten diese Menschen, den Zug oder das Flugzeug zu versäumen; sie finden diese Furcht seltsam, da sie in offenem Widerspruch steht zu ihrem innigsten Wunsch, nämlich dem, zu Hause zu bleiben. Darüber…