Christian Huther
Unendlicher Spaß
Schirn Kunsthalle, Frankfurt/Main, 5.6. – 7.9.2014
So sieht ein Gewinner aus: Am Handgelenk prangt eine Rolex, und die geballte Faust weist auf Durchsetzungskraft hin. Aber der große Teil des Körpers fehlt, vom Kopf über den Rumpf bis zu den Beinen. Nur der Rolex-geschmückte Unterarm liegt auf einem weißen Sockel. Der Mensch ist zum Träger einer Ware geschrumpft, ohne Verstand und Sinne. So sieht, auf den zweiten und weitaus kritischeren Blick, ein Gewinner aus. Doch das Künstlerduo Claire Fontaine, bestehend aus Fulvia Carnevale und James Thornhill, hat in der Frankfurter Schirn Kunsthalle auch ein passendes Bild für die Verlierer parat: Auf dem Fußboden liegen zahllose gelbe Tennisbälle, die teils aufgeschlitzt sind und ein Handy, Socken, Lippenstift oder andere Alltagsdinge enthalten. Diese präparierten Bälle werden, so der alte Trick, gern über Gefängnismauern geworfen, um die Insassen mit begehrten Dingen zu versorgen.
Neben Gewinnern und Verlierern gibt es, wenn man David Foster Wallace folgt, eine dritte Spezies von Menschen, die Terroristen. Doch die kommen nur im Roman des US-Amerikaners vor, nicht aber in der Ausstellung. Die Schirn hat sich lediglich den Buchtitel „Unendlicher Spaß“ entliehen, die Schau ist also keine Bebilderung des bereits 1996 erschienenen Werkes. Auf Deutsch kam der 1500-Seiten-Wälzer freilich erst 2009 posthum heraus; ein Jahr zuvor hatte sich der unter Depressionen leidende Autor das Leben genommen. Das Buch machte also erst jetzt bei uns Furore mit seiner deprimierenden Gesellschaftsdiagnose, ohne Auswege oder Alternativszenarien. Überdies ist der Buchtitel ein Zitat aus Shakespeares „Hamlet“. Folglich muss der Ausstellungsbesucher Wallaces Kultbuch nicht…
