Heinz-Norbert Jocks
Ulrike Nattermüller
Galerie Hans Strelow, 6.4. – 5.5.1990
Zugang zur Malerei von Ulrike Nattermüller zu finden, fällt nicht leicht. Zu sperrig, ja gegengängig kommt sie daher, um auf Anhieb zu gefallen. Bei ihr, der Meisterschülerin von Alfonso Hüppi, die von der Fotografie herkommt, tritt die Farbe, ohne sich auf rein untermalende Funktionen reduzieren zu lassen, zum zeichnerischen Gerüst als gleichberechtigte Gegenstimme wie als orchestraler Widerpart hinzu. Ihre Sensibilität tastet sich vor bis an die Ränder der Sprachlosigkeit, kehrt aber zwischendurch, wie um sich ihrer selbst zu vergewissern, immer wieder zum Motivischen zurück, das sich allerdings nur in leisen Formen vager Chiffren artikuliert. Die Ausstellung hält dazu an, in der scheinbar willkürlichen, explosiven und wilden Faktur der Bilder das raffinierte Kalkül wahrzunehmen und nachzuvollziehen: den Aufbau konfrontierter Farbflächen, die Art der Pinselmalerei, die sich nicht daran stört, wenn die Farbe einmal nicht deckt, tropft, Striemen hinterläßt oder ausufert, den Einsatz des Zeichnerischen, das zu verschwommenen Assoziationen einlädt, bis sich diese als irrealer Zauber einer imaginierten Realität entlarven. Ein Hauch von Gegenständlichkeit schimmert immer durch, versteckt zwar, aber erahnbar, und manchmal erscheint sie wie eine Anekdote aus dem Geiste der Phantasie, dabei zu präsent, um sich nicht in aller Breite ins Gedächtnis einzuprägen. Da sieht man auf einmal eine Figur mit Hut, die balanciert, oder einen roten Kopf im kleinen Fenster, dem ein Frosch entgegenspringt. Alles ist so klein gehalten, daß es sich übersehen ließe, und gerade dadurch wird die Wahrnehmungslust gereizt.
Ulrike Nattermüller, eine unorthodoxe Spielerin mit dem Material realer Außenwelt, die…