Michael Hübl
Ukraine
Mykola Babak
„Diti twoi, Ukraino“Ein Massencamp mitten in der Stadt. Junge Leute trommeln auf verrosteten Ölfässern. Trommeln sich warm gegen die Kälte, trommeln sich heiß für die Revolution. Der ukrainische Beitrag zur 51. Biennale di Venezia gibt sich eingangs nationalromantisch: Mykola Babak kombiniert hochvergrößerte Fotografien aus der Frühzeit des 20. Jahrhunderts mit einfachen, aus Stoffresten genähten Puppen – Volkskunst, so ärmlich und so proper wie die Menschen auf den zerkratzten, verschrammten, vom Verfall angegriffenen Schwarzweißaufnahmen, die Babak erbettelt, abkauft, sammelt, um sie für seine Arbeiten zu verwenden. Nebenan, in einem zweiten Raum der Fondazione Levi, läuft ein Video von den Ereignissen im November und Dezember 2004, als die Farbe Orange begann, die Ukraine zu erobern.
Orange, die neue Farbe der Revolution. Sie hat, trotz aller kolportierten Versuche ihn auszuschalten, Wiktor Juschtschenko an die Macht gebracht. Seit dem 23.1.2005 ist er Präsident seines Landes und als solcher hat er ein Grußwort zum ukrainischen Biennale-Katalog beigesteuert. Es ist mit einem Faksimile seiner Unterschrift versehen, die an sich schon wie ein Kunstwerk daherkommt: ein winziges W, ein Punkt und dann zwei weit ausladende Gesten, die in einer energetischen Verdichtung enden. Dieser Schriftzug könnte ein Sinnbild dafür sein, wie man die eigene Kunst im internationalen Kontext verortet: Hier die kleine Ukraine, dort die große globalisierte Welt. Und jede Menge Energie.
Mykola Babak ist in einer agrarischen Region zuhause. Dass zwischen der Bezirkshauptstadt Tscherkassy und der verstrahlten Reaktorruine Tschernobyl nur etwa 200 Kilometer Luftlinie liegen, wird in der Beschreibung seines Lebensraums nicht erwähnt, wohl aber, dass…