Hermann Pfütze
Übersetzung. Text als Bild
Walter Benjamin und andere
Hamburger Bahnhof, 17.10.2006 – 7.1.2007
Recht gedankenlos ist dagegen die dem Walter-Benjamin-Festival des Zentrums für Literaturforschung angehängte Ausstellung im Hamburger Bahnhof geraten. Aus der Künstlerklientel und dem Fundus dieses Privat-sammler-Museums wurden einige Textbilder und Videos zusammengebracht, die weder untereinander noch mit Walter Benjamin etwas verbindet. Sein übergroßer Namenszug als Leuchtschrift und ein berühmtes, unvollständiges und durchgestrichenes Zitat sollen wohl die Bedeutung des Werks Benjamins für Ahnungslose andeuten: “Erst der Messias vollendet alles historische Geschehen und zwar in dem Sinne, dass … “. Ja, dass die Idee, “Text als Bild wahrzunehmen” offenbar so verführerisch war, dass dem Kurator Eugen Blume alles einerlei schien: Text ist Bild, Bild ist Text.
Neben Arbeiten von Arnold Dreyblatt, Thomas Schmit und Günther Karl Boses eleganten, aber nichtssagenden Worttafeln und seinem niedlichen Videofilm einer Kohlmeise am Handwaschbecken dominiert Eran Schaerf die Ausstellung mit Texten und Filmprojektionen, z.B. eines israelisch-palestinensischen Streits über eine politisch brisante Samson-Verfilmung oder eines Zeitungsberichts über französische Möbel. Selbst Schaerfs hübsche Zitatmontagegeschichte “Kleid auf Kredit” enthält keine Benjamin-, dafür aber Hannah-Arendt-Worte. Schaerf hatte zunächst auch einen Beitrag zum Hannah Arendt Denkraum zugesagt, dann aber zurückgezogen aus Protest gegen Volker März’ ursprüngliche Absicht, seinen “Eichmann-Raum” zu zeigen, was diesem dann wiederum die Kuratoren der Arendt-Ausstellung ausgeredet hatten. Denn ein “Eichmannraum” würde den Denkraum besetzen, nicht öffnen. Die Ausstellung im Hamburger Bahnhof indes tut weder das eine noch das andere. Nur die kleine Auswahl aus der Marcel-Broodthaers-Sammlung hätte Walter Benjamin gefallen, aber dafür hätte er länger leben müssen