Übergänge
Anmerkungen zu einigen Bildern in Pina Bauschs “Kontakthof”
von Raimund Hoghe
Liebe. Zärtlichkeit. Kindheit. Angst. Trauer. Sehnsucht. Träume und der Wunsch, geliebt zu werden – Themen, die Pina Bausch in ihren Stücken immer wieder aufgreift, Stichworte zu einem nicht nur die Grenzen von Ballett, Schauspiel und Musiktheater überschreitenden Theater, das sich eindeutiger Erklärung entzieht, verschiedene Sichtweisen einer Sache ermöglicht. Läßt man sich auf die mehrdeutigen Bilder, Situationen, Szenen ein, findet man sich nach einiger Zeit auch in Widersprüchen wieder. Je häufiger man Pina Bauschs Stücke sieht, desto klarer und zugleich unerklärlicher werden sie einem.
Sommer 1981, ein Gastspiel. “Kontakthof” in Venedig. Zum ersten Mal sehe ich das 1978 entstandene Stück durch den Sucher eines Verfolgerscheinwerfers. Einzelne Figuren wirken wie in einem Fadenkreuz. Der Lichtkegel hebt sie heraus, isoliert sie von den anderen. Zu sehen sind nur Ausschnitte – wie auch die Beschreibungsversuche der Arbeiten Pina Bauschs ausschnitthaft bleiben. Dem Wunsch, über Bilder, Geschichten, Situationen in diesen Stücken zu sprechen, steht immer wieder das Gefühl gegenüber, sie mit Worten nicht erreichen zu können, nur zu reduzieren und die auf der Bühne realisierte Parallelität verschiedener Realitäten ohnehin nur sehr begrenzt vermitteln zu können. Die Weite und Geschlossenheit des “Kontakthof-Raumes etwa, die Schlager aus den dreißiger Jahren und die gar nicht fernen Gefühle, das lichte Gelb, Rosa, Türkis, Grün, Blau, Violett der Cocktailkleider, das pomadisierte glatte Haar der Männer und die sperrigen Beziehungen, die unbeholfenen und oft verletzenden Bemühungen und Versuche von Zärtlichkeit in dem von Rolf Borzik entworfenen Raum, der groß ist und hell…