Ubbo Kügler
Ein linearer Energiestrom fließt, wenn Ubbo Kügler zeichnet. Die Bilder scheinen in dialogischen Kettenreaktionen zu wuchern. Auf deren Spuren lässt sich mit jedem Blick ein neues Erzählzentrum ausmachen, das kurz und sicher skizziert, ja hingeworfen wird, bevor eine weitere Augenblicksdarstellung sich da hineindrängt und das eben Entdeckte auch schon wieder relativiert. Etwas vorschnell drängt sich der Gedanke an eine surreale Traumarbeit auf, doch womöglich ist das viel realer: Es geht ums Festhalten, ums assoziative Bauen, ums Ausrichten! Da wirft einer seine Bildphantasien durcheinander, da collagiert und illustriert einer Gesehenes und Erinnertes, um dem Vorgang als Ganzes dann eine Form zu geben, so wie sie sich aus dem Fluss der verwendeten, oft genug auch bewährten Versatzstücke, ergibt. Gut funktionierende Einzelteile können nämlich mehrmals auftauchen, partiell ist das auch ein Baukasten. Aber, der Bildfluss mäandert, ja er scheint manchmal zu taumeln. Der Eindruck des Schnellen, ja Rasenden täuscht allerdings, denn Kugler arbeitet sorgfältig mit Tusche auf Papier; und das mit der Anmutung einer gewissen Altmeisterlichkeit, was sich beim Sehen gelegentlich wie ein irritierende Deja Vu in die Bilderkundung einmischt. Es gibt verschiedene Handschriften, aber die Unverwechselbarkeit ist niemals in Gefahr. Die traumwandlerische Sicherheit eines genuinen Zeichners imaginiert eine schnelle Schraffur bei Gegenwind. Durchdachtes und Gefühltes, Kalkuliertes und Erfahrenes, Konzeptioniertes und Notwendiges kommen überein. Was hier geschieht, ist eben schwer einzuordnen, man schaut dem selbständigen Verfertigen der Gedanken beim Zeichnen zu, das Auge schreitet Bilderwege ab. Der Künstler und die Betrachter sind so gesehen ständig unterwegs. Das Ornament der heftig arbeitenden Wucherungen…