Paolo Bianchi
Tropical Island
Die Tropen sind überall. Sie machen den eigentlichen Tropen sogar Konkurrenz. Tropische Paradiese und Organismen erobern die „mutmaßlich entzauberten Gebiete der Welt“, indem „die Konstruktion, Verpflanzung und globale Vervielfältigung tropischer Paradiese sowie die Strategien der Vermarktung von virtuellen tropischen Welten immer kuriosere Formen annehmen“, wie Martin Meggle bemerkt (Zeitschrift „Humboldt“, 2008).
Die damit verbundene Stimulation von „tropischen“ Gefühlen, Sehnsüchten und Erregungszuständen feiert Urstände: tropisch gestylte „Stadtstrände“ schießen aus dem Betonboden europäischer Klein- und Großstädte, die dann etwa „Paris-Plage“ oder „Bruxelles Les Bains“ getauft werden. So können die Tropen als Adressat unzähliger bunter Wunschbilder und Träume die ungewöhnlichsten Wirkungen entfalten.
Bananen für Ossis
Der brasilianische Künstler Roberto Cabot schreibt im Katalog zur Berliner „Tropen“-Ausstellung Sätze (hier in redigierter Fassung abgedruckt), die man so nicht formulieren dürfte, denn das hört sich an, als habe eine Horde von Affen, um ein neues Futterterritorium gekämpft – statt um die Befreiung vom Sozialismus:
„In den Tagen der ‚deutschen Wende’ war die Begeisterung der Ostdeutschen für die Wiedervereinigung auch von der Aussicht geprägt, ungehinderten Zugang zum Kauf von Bananen zu haben. Bananen waren in Ostdeutschland begehrte und selten angebotene Früchte. Die wenigen, die auf dem Markt waren, kamen aus den sozialistischen Bruderstaaten in den Tropen, zum Beispiel aus Kuba. Der Fall der Berliner Mauer war somit auch eine Eroberung des Anspruchs auf unbegrenzten Konsum der Südfrucht Banane. Wann immer man wollte, gab es nun das Recht auf einen kleinen tropischen Moment, ausgelöst durch den Genuss des jener exotischen Frucht, die als Symbol für die Ferne und das…