Hans-Jürgen Hafner
Trisha Donnelly
CENTRAL-Kunstpreis 2005
Kölnischer Kunstverein, 25.6. – 4.9.2005
Die sechzehnte Fotografie aus der ‚Bildstrecke’, die André Breton seinem erzählerisch-dokumentarischem Essay “Nadja” (1928/63) beigegeben hat, zeigt, zentriert vor hellem Hintergrund, einen Damenhandschuh: schlaff, oberhalb des Gelenks ein wenig verdreht liegt er da, könnte dunkel schimmernd aus Leder sein.
Das Bild ist in die Episode der “Dame mit dem Handschuh” eingerückt, wo Breton seine Eindrücke zwischen “Panik” und Obsession schildert, die verschiedene kleine Ereignisse mit Handschuhen bei ihm hervorrufen sowie die Entdeckung von Vexier- und Wackelbild-Effekten in nahem Zusammenhang mit dieser Episode. Dass Bedeutung unabhängig von Phänomenen eintreten kann, ist roter Faden in diesem Text. Belegt Bretons Technik einer “Umwandlung des Banalen ins Erhabene” (K.-H. Bohrer). Dafür spielt jedoch die Relation von Text und Bild eine besondere Rolle. Eingebettet in den Textfluss entwickelt das Foto gerade in seiner Fokussierung auf das Objekt Handschuh eine Eigenart, die weit über die Aspekte Illustration, Beleg oder dokumentarische Folklore hinausgehen. Zwar ‚zeigt’ das Foto den Damenhandschuh, versichert ihn indexikalisch als Realität auch außerhalb der literarischen Behandlung rück. Doch belegt diese Fotografie vielmehr den Bruch zwischen Zeichen und Bezeichnung, die Entkopplung zwischen Objekt und Erfahrung. Mit Bretons Worten: “Was mich betrifft, so erscheint mir noch wichtiger als die Frage, was es für den Geist bedeutet, wenn er darauf stößt, wie Dinge zueinander stehen, jene, wie der Geist zu bestimmten Dingen steht…”
Was das alles mit Trisha Donnellys Auftritt im Kölnischen Kunstverein zu tun haben soll? Nun. Der erste Eindruck beim Betreten ihrer Schau: das Ganze kommt recht…