Jürgen Kisters
Tremezza von Brentano
Bonner Frauenmuseum, 21.11.1990 – 17.2.1991
Alles, was unser Leben ausmacht, hat eine Geschichte: Es unterliegt der Entwicklung unter bestimmten gesellschaftlichen und persönlichen Bedingungen, die in einem vielfach verschlungenen Wechselspiel allmählich auseinander hervorgehen. So auch die Bilder, die wir sehen und malen, die wir suchen und finden, die wir lieben und vor denen wir zurückschrecken. Bilder entstehen aus (bereits vorhandenen) Bildern. Die Kölner Malerin Tremezza von Brentano hat diese “Geschichtlichkeit der Bilder” zu einem Projektthema gemacht, das jetzt als umfangreiche Gemäldeschau im Bonner Frauenmuseum zu besichtigen war.
In jahrelanger malerischer Fleißarbeit hat sie sich rücksichtslos aus dem Fundus der Kunstgeschichte bedient: eine Annäherung und Aneignung vergangener Bilder und Sichtweisen, die jeweils eine aktuelle Vergegenwärtigung durch den Lebenskontext der Künstlerin erfährt: den Austausch mit der eigenen Erfahrung. Madonnen und Engel, Christusdarstellungen nach Velasquez und Giotto, Bildelemente von Matisse, van Gogh, Modersohn-Becker, Picasso, Cranach und Frida Kahlo gewinnen in der Umsetzung stets eine eigene, grobgemalte bildnerische Sprache, welche die Figur und den Gegenstand immer im Mittelpunkt des Interesses beläßt. Begriffesuchend würde man darin einen derben, trivialen Realismus erkennen; Einordnungen dieser Art sind handlich, doch sie besagen nichts. Was Bilder darstellen, ist ihr Sinn. Jedes Bild will im Kern erlebt werden, indem es um einen bestimmten Erfahrungskomplex kreist. Entsprechend unserer (Entwicklungs-)Geschichte ist diese Erfahrung an Dinge und Personen geknüpft, wird durch diese geprägt und belebt, ist untrennbar mit diesen verklebt. Die Bilder Tremezza von Brentanos heben in diesem Prozeß einzelne Bedeutungen heraus, unterdessen die Bilder früherer Künstlerinnen und Künstler zum sinngebenden Anhaltspunkt…