Transsolar + Tetsuo Kondo:
Cloudscapes
Magrittes Vision wird Wirklichkeit
von Michael Hübl
Ein feuchtwarmes, ephemeres Zeichen – und doch war wohl kaum eine Arbeit zu Beginn der GLOBALE besser geeignet auf eines ihrer zentralen Projekte vorauszudeuten als die „Cloudscapes“. Im Auftrag des ZKM | Karlsruhe schuf die Stuttgarter Energietechnik GmbH Transsolar gemeinsam mit dem japanischen Architekten Tetsuo Kondo die technischen und baulichen Voraussetzungen für ein künstliches Naturerlebnis der besonderen Art. Über eine Holzrampe gelangten die Besucher Meter um Meter in die höheren Gefilde des Gebäudes, das einst mitten im Ersten Weltkrieg als Munitionsfabrik errichtet wurde. Aber jetzt, 100 Jahre nach dem Bau der inzwischen denkmalgeschützten Industriehallen, gerieten die Menschen nicht wie einst die Soldaten auf Flanderns Schlachtfeldern (welch doppeldeutiger Begriff) in Gasschwaden, sondern wurden von kondensiertem Wasserdampf, von einer Wolke umfangen. Wobei sie gleichsam mehrere Klimazonen zu durchschreiten hatten: Nach oben hin wurde es immer feuchter und wärmer.
Das in seiner schwebenden Vergänglichkeit visuell unspektakuläre und technisch überaus anspruchsvolle Environment veranschaulichte treffend die Prämissen, die Peter Weibel seiner später folgenden Ausstellung „Exo-Evolution“ zugrunde gelegt hat. Grob zusammengefasst fokussieren sie in der These vom Menschen als prothetischem Wesen, das seine eigenen Unzulänglichkeiten durch die Erfindung entsprechender Werkzeuge ausgleicht, optimiert und erweitert. So entsteht neben der natürlichen eine technische, neben der inhärenten eine externe Evolution, die jetzt im Zeitalter der avancierten Hochtechnologie offenbar im Begriff steht miteinander zu verschmelzen.
Das Konstrukt (und der Begriff) des Cyborg sind zum Symbol für diese bio-technische Hybridisierung geworden. Die Karlsruher Wolke wiederum lässt sich als Symbol für das erreichte Niveau…