Traditionelle Kunst: 10 gängige Klischees und Vorurteile
1. Afrikas traditionelle Kunst darf keine Geschichte haben. Sie ist zeitlos, nicht datierbar; Relikt aus Ur- oder mythischen Zeiten. Afrika insgesamt wurde bis vor kurzem als ein Kontinent ohne Geschichte gesehen. Die Kunst diente dazu, das zu besiegeln. Authentische Kunst schützte vor der Moderne. Es sollte keine Moderne geben.
2. Afrikas traditionelle Kunst war deshalb stets anonym oder namenlos. Sie durfte keine Individualität haben.
3. Afrikas traditionelle Kunst ist restlos an einen Stamm gebunden. Sie ist daher tribalistisch oder heute – etwas euphemistischer – ethnisch. Ihr wird kein Teil an einem lebendigen Volk mit Geschichte zugestanden. Da es keine Geschichte gab, existierte kein Volk. Diese Kunst war daher keine Volkskunst, sondern eine Ethnokunst.
4. Afrikas traditionelle Kunst ist ohne äussere Berührung. Sie ist kontextlos. Selbst eine engere Um- und Mit-Welt wird ihr kaum zugestanden. Sie ist somit auch ohne erzählerischen Charakter. Sie ist nicht narrativ. Sie ist eine Maske.
5. Afrikas traditionelle Kunst entstand vor Ankunft der Europäer, also bevor die Geschichte begann oder einsetzte. Sobald Afrikas Kunst in die Geschichte eintrat, war sie verloren und zerfiel.
6. Afrikas traditionelle Kunst steht ohne wirtschaftlichen Bezug da. Sie kennt weder Ökonomie noch Tausch-wert; sie stand in keinem Auftrag; sie entstand aus sich heraus.
7. Afrikas traditionelle Kunst hat nichts mit Handwerk und Arbeit zu tun. Sie ist ritualistisch.
8. Afrikas traditionelle Kunst ist ein religiöses Objekt und daher ein Unikat. Sie ist einzig und einmalig; ein Original. Wohl um des Preises willen hängen Auktionäre und Konservatoren an der Einmaligkeit wie in einem…