Andreas Denk
Totalstadt. Beijing Case
Kulturelle Aspekte der Hochgeschwindigkeitsurbanisierung in China
Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, 24.9.2006 bis 7.1.2007
Natürlich ist es riskant, im Rahmen eines Stipendiatenprojekts zwölf mehr oder minder junge Künstler mit einer Problematik zu konfrontieren, für die selbst gewiefte global manager nur unzureichende Lösungsmotive finden: Die Kulturstiftung des Bundes hat es in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Peking gewagt und bildende Künstler, Schriftsteller, eine Choreographin und eine Dokumentarfilmerin aus Deutschland und China eingeladen. Sie sollten 2005 die chinesische Hauptstadt für vier Monate als “Labor” nutzen, um die kulturellen Folgen der inzwischen euphemistisch so genannten “high speed urbanization” in Peking zu untersuchen.
China, soviel ist Allgemeinplatz, ist die globale Boomregion schlechthin. Den ungeheuren Veränderungsdruck, der durch die rasante wirtschaftliche Entwicklung des “Reichs der Mitte” entstanden ist, vermögen das Klima, die menschlichen Habitate und die Landschaften, die ihr ausgesetzt sind, kaum standzuhalten. Die irrwitzige Rapidität, mit der Städte wie Shanghai oder Shenzen zu gigantischen Hochhausagglomeraten umgebaut werden, ist genauso unbegreiflich wie der genauso große und genauso schnelle Verlust an gewohnter Lebensumgebung, an tradierter Kultur, an erhaltenswerter Architektur. Auch deutsche Architekten wie der Frankfurter Albert Speer und Gerkan Marg und Partner (Hamburg) planen für China ganze Städte für Hunderttausende, ohne trotz erkennbarer Bemühungen um eine Reflexion chinesischer Denktraditionen dem drohenden Totalverlust der jahrtausendealten chinesischen Kultur entgegenwirken zu können.
Die 13-Millionen-Stadt Peking ist von dieser tragischen “zweiten Kulturrevolution” genauso betroffen. Denn hier sollen schließlich 2008 Olympische Spiele stattfinden – Gelegenheit für das in einer eigenartigen politischen Situation zwischen Reform und Regression befindliche chinesische Regime,…