Tony Hendra, Brad ’61
Ein Recycling der Werke Roy Lichtensteins führten einige clevere Strategen schon vor Jahren für ihre Produktwerbung durch. In einer Buchneuerscheinung erleben die Pop-Gemälde Lichtensteins, des Meisters des Rasterpunkts, ein weiteres Feedback, das sich auf seine andere Bildquelle, den Comic, bezieht. Da ein Comic strip auf zahlreichen Bildern basiert und gewöhnlich eine narrative Struktur besitzt, muß diese Wiederverwendung weitaus schwieriger gewesen sein als die der Werbegraphiker. Tony Hendra, Herausgeber des amerikanischen Magazins “Spy”, ist das Vorhaben durchaus überzeugend gelungen, vielleicht so gut, daß man behaupten kann, daß das Projekt nicht beim Comic, sondern als richtungsweisendes Exempel der Appropriation Art schon wieder bei der Kunst gelandet ist. Hendra nennt seine Story aus “geklauten” Bildern sarkastisch “eine echte Liebesgeschichte”. Sie handelt von dem jungen Künstler Brad aus New Jersey, der abseits der Kulturmetropolen von Erfolg und Liebe träumt. Er ist davon überzeugt, daß er ein Versager ist und kein Glück bei Frauen hat. Dabei übersieht er Vicki, das hübsche Mädchen von nebenan, das ganz zufällig gerade auf Künstler steht. Ob sich Brad und Vicki in Tony Hendras Geschichte finden oder nicht, hing für den Autor wohl auch mit dem Potential des Lichtenstein-Bilderreservoirs zusammen, auf das sich die Handlung stützt. Die stattliche Anzahl von 93 Gemälden aus den frühen sechziger Jahren fand in diesem Band Verwendung, darunter auch einige wenig bekannte. Wie HipHop Takte kompiliert, sampelt “Brad ’61” Bilder und ist ebenso mitreißend.
Justin Hoffmann
Schirmer/Mosel Verlag, München 1994, 96 Seiten, 81 Farbtafeln, geb. DM 29,80, ISBN 3-88814-711-5