Claudia Posca
Tony Cragg
Kunstsammlung NRW, 18.11.1989 – 7.1.1990
Die Ausstellungshalle der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf ist ein Raum vor allem vertikaler Dimensionen. Damit zugleich ist eine sakral-feierliche Atmosphäre seiner Räumlichkeit gegeben, die sich in eigentümlicher Weise profanisiert in jenem Moment, in dem der Raum einer Ausstellung zur Verfügung steht. Etwas Sakrales bleibt ihm dabei dennoch immer wesentlich. Bei keiner Ausstellung ist dies so deutlich geworden wie bei jener Ausstellung von Tony Cragg (1949 in Liverpool geboren; lebt in Wuppertal), die seine neuen Arbeiten aus den letzten drei Jahren vorstellt. Dabei hat diese Raumerfahrung in diesem Fall weniger mit der “Eigensprachlichkeit” des Raumes selbst zu tun als vielmehr mit den ausgestellten Werken Craggs. Sie sind es, die den Raum durch ihr bildliches Vermögen zum “Sprechen” bringen und dessen Oszillation zwischen sakral und profan thematisieren. Es ist die besondere Erscheinungsweise der Plastiken Craggs, die man übergreifend als eine materialisierte Phänomenologie des Raumes beschreiben möchte, um sie im Besonderen als Phänomenologie des Innen und des Außen, des Offenen und Geschlossenen, des Versteckten und Offenbaren und des Erinnernden und Gezeigten zu unterscheiden. Dabei hat Tony Cragg mit diesen neuen Plastiken keineswegs die Kontinuität in seinem künstlerischen Schaffen unterbrochen: Die aus gefundenen Abfallmaterialien der Kunststoffindustrie komponierten Plastiken der früheren Jahre stehen unter eben den gleichen strukturierenden Prinzipien, wie sie Cragg heute in der organischen Welt der Urzeit und Gegenwart entdeckt. Die “Trilobiten” genannte, zweiteilige Bronzeplastik von 1989 (Abb.) erinnert an versteinerte Urtiere ebenso wie an Muschelformen, deren Oberflächen durch Einkerbungen und Furchen in unregelmäßiger und dadurch…