Tony Cragg
Puzzlespiel und Superzeichen
von Peter Winter
Die interessantesten Geschichten beginnen häufig am Ende eines Fortsetzungsromans: der Katalog der Londoner Übersichtsausstellung “British Sculpture in the Twentieth Century”, die die Whitechapel Art Gallery 1981 veranstaltete, schließt mit einer kurzen Erwähnung Tony Craggs, veranschaulicht durch die Abbildung des Bodenstücks “Black and White Mixed Materials” von 1980. Fenella Crichton bescheinigt dem in Liverpool geborenen Künstler, mit seiner Arbeit einen ,,tongue-in-cheek”-Kommentar über unsere heutige Lebensweise zu geben.
Er projiziert aus zerspellten, zerborstenen, zerbrochenen Gegenständen Eisbären, Fußballspieler, Fernsehgeräte (einschließlich Kabel), die Karte Englands und den Union Jack an die Wand. Er legt aus Plasticspielzeug und atomisiertem Haushaltsgerümpel sperrige, weitläufige Figurationen auf dem Fußboden aus. Er macht aus Schrott lebendige Gebilde. Er ist ein kreativer Müllwerker, ein gewitzter Meister des Recycling.
Tony Cragg, in Wuppertal lebender Engländer, ist nicht der erste Plastiker oder Objektemacher, der Teile aus dem Müll als Elemente für skulpturale Arrangements benutzt, bereits vor ihm waren Picasso, Schwitters, Miró, Dubuffet, Chaissac, Arman, Rauschenberg, Paolozzi, Tinguely, Luginbühl und diverse Nachfolger fasziniert von bizarren Fundstücken aus dem Schrott. (Müll umgibt uns heute bereits wie eine zweite Natur, wie eine Landschaft des Konsums und des Abfalls, wie eine Guano-Kruste der Zivilisation.) Hatten sich die Vorgänger jedoch mehr für den rostigen und sperrigen Kram von der Schrotthalde interessiert, für die metallischen Überbleibsel der Technik und des Haushalts, so ist Tony Cragg der erste, der sich vor allem mit Plastic-Müll beschäftigt, mit dem billigsten und schäbigsten Zeug, das kaum Spuren und Runzeln des Verfalls annimmt, das auch noch nach dem Tod der…