Tomma Abts
Das Erste, was am Werk von Tomma Abts auffällt, ist das einheitliche Format ihrer Bilder. Mit der Zeit hat die 1967 in Kiel geborene Malerin für ihre Arbeiten eine feststehende Formel gefunden: 48 mal 38 Zentimeter. Das Zweite sind die Titel, mit der die Künstlerin ihre abstrakten Bilder bedenkt. Es sind eigentümliche Namen, die nach Altertum, längst versunkenen Kulturen klingen oder nach ausdifferenzierten Subkulturen, die sich genau an dieser antiken Klangästhetik berauschen: Ert, Theiel, Emo, Folme, Noene, Koene, Mennt, Epko.
An den Bildern arbeitet Abts über lange Zeiträume, oft mit Unterbrechungen: dann wartet eine Leinwand manchmal über mehrere Jahre unvollendet im Atelier, bevor sie die Arbeit an ihr wieder aufnimmt. Die zeitintensive Herstellung, die trotz relativ handlicher Formate vor Überproduktion schützt, entspringt Abts stetiger Suche nach der Form sowie einer bewussten Bedächtigkeit. Schicht um Schicht bringt die Künstlerin Acryl und Öl auf den Bildträger, verändert sich die Beschaffenheit der Oberfläche, fast organisch scheint sich das Bild auszuwachsen. „Teile meiner Bilder haben durchaus gegenständliche Elemente. Es geht ja nicht um Geometrie, sondern darum, etwas Konkretes zu entwickeln, überhaupt eine Form für etwas zu finden, das dann so spezifisch wird, dass es eine Bedeutung bekommt.“ (Der Spiegel, 11.12.2006)
Die Überlagerung von Bedeutung ist bei Abts nicht nur rein formal zu verstehen, sondern ganz konkret. Mit der nächsten Farb-Lage kommen neue Informationen hinzu und es gehen alte Informationen verloren. Dieses prekäre Verhältnis von Gewinn und Verlust lässt sich an reliefartigen Linien, die manches Werk wie Bruchstellen oder Narben durchziehen, ablesen: so entsteht eine dritte…