Karlheinz Schmid
Tiefschlag für das Hoch im Norden
Eine Posse: Neue Kunstpolitik in Hamburg
Zum Lachen ist das: Ulrich Dörrie und Holger Priess, die beiden jüngsten Hamburger Galeristen, konnten im vergangenen Herbst hören, wie Ingo von Münch, der neue Kultursenator, auftrumpfte: »Nicht kleckern, sondern klotzen«, sagte der Freidemokrat. Wenige Monate später, Ende Januar 1988, wird ihnen klar, was das bedeutet. Die Fleetinsel, wo sie 1987 ihre Galerie eröffnet haben und etliche Künstler arbeiten, ist gefährdet. Die alten Gebäude mit den schönen Fabriketagen sollen abgerissen werden, um dort einen Hotelkomplex bauen zu können. Initiator ist die FDP. Ingo von Münchs Parteifreunde verstecken sich hinter dem Schuldenberg der Hansestadt und wollen beim Grundstücksdeal ein gutes Geschäft machen. Derweil vergessen sie, was ihr Senator versprochen hat: »Wir müssen die Unabhängigen stärken.« Dörrie und Priess spüren davon nichts, sie bereiten sich auf den Auszug vor. Nein, das ist nicht zum Lachen. So wird der ohnehin begrenzte kulturelle Humus der Stadt zerstört. Das ist zum Weinen.
Dieser Tiefschlag für »das Hoch im Norden«, wie die Image-Werbung lautet, ist nur ein Beispiel unter vielen. Noch in der Regierungserklärung machten Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und sein Stellvertreter von Münch reichlich Hoffnung auf die angekündigte Verdreifachung des Kulturetats. Kurz danach war schon von einer deutlichen Erhöhung keine Rede mehr, und dann folgte der Rotstift: Im Jahr 1988, so überraschte die Kulturbehörde, sollen 928 000 Mark eingespart werden. Während das ebenfalls verschuldete Frankfurt über elf Prozent des Gesamthaushalts für Kultur spendiert, droht Hamburg an der Zwei-Prozent-Hürde zu scheitern. Ein Trauerspiel, eine Bankrotterklärung….