Martin Pesch
Thomas Klegin
»postum -«
Kunstverein, Heidelberg, 1.2. – 15.3.1998
Ein Stuhl bietet Sicherheit. Wer einen Stuhl be-sitzt, hat vorerst einen Platz gefunden, den kein anderer ohne weiteres beanspruchen kann. Auf einem Stuhl zu sitzen bedeutet: Ruhe, Ausruhen-Können, aber auch Macht: Wer einen gewissen Stuhl ergattern konnte, hat seine Schäfchen fürs erste im Trockenen. Und, um bei den Redewendungen zu bleiben: Solche Stühle können einem kaum mehr vor die Tür gesetzt werden.
Mit seiner Installation “postum -” öffnet der 1961 geborene Thomas Klegin also ein weites, stellenweise mit Untiefen des Bedeutungsschwangeren versehenes Feld – der ins Leere weisende Gedankenstrich im Titel deutet es an. Klegin sammelt Stühle. Und aus dieser Sammlung hat er einhundert ausgewählt: vom einfachen Holzschemel bis zum gepolsterten Sessel, vom Garten- bis zum Bistrostuhl. An jedes Stuhlbein hat Klegin eine graulackierte Holzstange appliziert. Die Stühle stehen also auf Stelzen, hoch über den Köpfen der Kunstverein-Besucher, in fünf Reihen eng beieinander, in einer Richtung angeordnet. Wäre es möglich, auf ihnen zu sitzen, blickte man auf die über eine seitliche Treppe erreichbare Galerie. An deren Wand sind zirka fünfzig Polaroids (neben Stühlen und Türen, ein weiteres Sammelobjekt Klegins) in Halteschienen angebracht. Allerdings sind ihre grauen Rückseiten dem Besucher zugewandt. Im zu den Stühlen offenen Raum unter der Galerie sind ebenfalls Polaroids zu sehen. Es sind solche, mittels derer Trödelhändler ihre Lagerbestände anbieten. Auf Klegins Auswahl sind natürlich Stühle zu sehen.
Um den Anspielungsreichtum einzuschätzen, die verschiedenen Denkstränge zu entwirren, die Klegin laut einer Selbstaussage zu “einem Bild” zusammenfügt, bittet sich Marc Augés…