This Was Tomorrow
Pop Art in Great Britain 1947 – 1968
Kunstmuseum Wolfsburg 30.10.2016 – 19.02.2017
von Michael Stoeber
Bei Eintritt in die Wolfsburger Ausstellung wird der Besucher von Imperativen förmlich überwältigt. Sie springen ihn aus einer großformatigen Collage aus dem Jahr 1956 an. Sie ist von Richard Hamilton und zeigt das Gesicht eines Mannes mit prüfenden Augen und leicht geöffnetem Mund. Befehle haben es in Beschlag genommen, die sich an uns wenden: der Mann ist ein alter ego des Besuchers. „SMELL!“ fährt die Aufforderung zum Riechen in Form eines Pfeils auf seine Nase zu, LOOK!, Schau, auf seine Augen und LISTEN!“, Hör zu, auf seine Ohren. Sein Mund entlässt lauter Fragezeichen. Und auf seiner Stirn steht als dreimalige Aufforderung Think.THINK.THINK (sic!). Sie ruft Immanuel Kants Definition der Aufklärung aus dem Jahre 1784 ins Gedächtnis: sich seines Verstandes „ohne Leitung eines anderen zu bedienen“. Zu wissen wagen. Denken.DENKEN.DENKEN.
Die Einladung zu synästhetischer Wahrnehmung und Reflexion war prägend für die legendäre Londoner Ausstellung „This Is Tomorrow“, für die der Künstler seinerzeit die Collage entworfen hatte. Und sie prägt die grandiose Wolfsburger Schau, die an sie erinnert. In ihr zollen der Direktor des Kunstmuseums Ralf Beil und seine Kuratorin Uta Ruhkamp in einem fantastischen, sich weit auffächernden Panorama der britischen Pop Art Respekt. Mit einer unglaublichen Fülle an Materialien, Werken und Künstlerporträts machen sie die Vorreiterrolle sichtbar, die Großbritannien bei der Entwicklung der Pop Art gespielt hat. Nicht die USA, an die man bei dieser Kunst fast schon reflexhaft denkt, vor allem natürlich…