Hans-Jürgen Hafner
The Secret Public
»The Last Days of the British Underground 1978-1988«
Kunstverein München, 7.10. – 26.11.2006
Die Bedenken zuerst: “The Secret Public” zielt auf Revision. Das von Stefan Kalmár und Daniel Pies zusammen mit dem englischen Kritiker und Autor Michael Bracewell und Ian White, Kurator an der Whitechapel Art Gallery, entwickelte Projekt, Ausstellung plus Film-Programm, möchte, so ein erster Gedanke, den “Versuch einer kritischen Neubewertung der britischen Postpunk-Ära” wagen. Das Projekt stellt dafür verschüttete (sub-)kulturelle Praxen, verschiedene, oft nur verschwindend bekannt gewordene Ansätze zwischen der darstellenden und bildenden Kunst, dazu (polit-)aktivistische Handlungsformen erneut ins Rampenlicht; auch, um diese, der seit den späten 80er Jahren als Exportschlager höchst populär gewordenen “Young British Art” vorausgegangene Generation von KünstlerInnen und Kulturschaffenden aus dem übermächtigen Schatten eben jenes (laut der Kuratoren) “pan-kulturell” wirksamen Phänomen YBAs zu holen und damit, so ein zweiter Gedanke, die Professionalisierung des Kultur- und Kunstbetriebs bzw. die Entstehung der ,creative industries’ quasi von den Wurzeln her und damit exemplarisch zu analysieren.
“The Secret Public” ist in seiner revisionistischen Blickführung also nicht nur auf kulturelle bzw. künstlerische Phänomene (ohnehin zwei Tassen Tee…) beschränkt, das Projekt will zusätzlich zur kunsthistorisch-folkloristischen Spurensuche auch gleich noch soziologisch argumentieren. Das ist ziemlich viel auf einmal und, abgesehen von vielen methodischen Schwierigkeiten, in einer Ausstellung, die dazu exakt wie eine Kunstausstellung aussieht, nur schwer zu vermitteln; vom allein schon zum Verständnis der Fragestellung überhaupt nötigen Vorwissen (wenigstens britische Innenpolitik seit 1978, Kunst- und popkulturelles Wissen) mal abgesehen. Will man sich nämlich John Savages Doku-Fotos “Uninhabited London” (1977),…
