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Titel: Zeit · Existenz · Kunst · von Heinrich Theissing · S. 268 - 276
Titel: Zeit · Existenz · Kunst , 2000

HEINRICH THEISSING

»THE NOW«:
Warhols Chronophagie

Solche Masken verleiden uns die Erinnerung an unsere Lieben. Wir glauben, in diesem Gipse sey noch etwas von ihrem Leben enthalten, und was wir darin aufbewahrt haben, ist doch ganz eigentlich der Tod selbst. Regelmäßig schöne Züge bekommen hier etwas grauenhaft Starres, Verhöhnendes, Fatales, wodurch sie uns mehr erschrecken als erfreuen (…); denn sobald die Grazien des Lebens darin erloschen sind, werden die wirklichen Abweichungen von den idealen Schönheitslinien nicht mehr durch geistige Reitze ausgeglichen. Gemeinsam ist aber allen diesen Gipsgesichtern ein gewisser rätselhafter Zug, der uns bei längerer Betrachtung aufs unleidlichste die Seele durchfröstelt (…).
Heinrich Heine: Florentinische Nächte (1836)

In Tim Burtons Film “Batman”1 verbessert der Verbrecherkönig Joker die Weltkunst im Museum zu Gotham, indem er sie mit den Macho-Gebärden des Action Painting zerstört, nachdem die Besucher durch das Nervengift “Smilex” umgebracht worden sind; und am Ende eines “Tanzes mit dem Teufel” reißt ihn eine Dämonenskulptur vom Turm der pseudogotischen Kathedrale in die Tiefe.

Bemerkenswert ist das hier, weil die clowneske Maske dieses Joker mit ihrem sardonischen Dauergrinsen überzogen das Lächeln der Marilyn Monroe zitiert, wie es Andy Warhol festgehalten hat. (Abb. 1) Der Regisseur, ein Meister des intertextuellen Dialogismus, setzt damit scharfsichtiger als es allgemein der Fachwissenschaft gelang2, diese Monroe-Bilder zu drei kunsthistorischen Motivkomplexen in Bezug – zu Narr, Tod und Teufel –, welche sich schon im Mittelalter in einem einzigen Rahmenthema bündelten: in dem des Grotesken.3

Eindringlich erfahrbar wird das durch eine ganz eigene Zeitstruktur. Im Film entsteht um die Kunstfigur der Hof einer Zeitlichkeit…

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von Heinrich Theissing

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