Bonn
The Holding Environment
Eine Aufführung in zwei Kapiteln
Bonner Kunstverein 10.04.– 01.08.2021
von Annelie Pohlen
Als Fatima Hellberg im Dezember 2019 im Bonner Kunstverein als neue Direktorin antrat, zeigte die Pandemie zwar schon ihre potentielle Schlagkraft. Betroffen von deren Auswirkungen war indes erst einmal das Programm ihrer Vorgängerin. Dass die öffentliche Präsentation ihrer eigenen Vorstellungen in eine nicht enden wollende Warteschleife geraten würde, mochte sich zu diesem Zeitpunkt wohl niemand vorstellen, schon gar nicht, dass sich deren Auswirkungen derart essentiell in die geistige, emotionale und physische Befindlichkeit der Menschen einfressen würden.
Fatima Hellberg hat darauf bemerkenswert reagiert. Sie hat das alles beherrschende Thema nicht negiert, aber auch nicht überhöht und so im Dialog mit 21 internationalen Künstlern und Künstlerinnen eine geistig wie emotional „haltende Umwelt“ geschaffen, die auf subtil vereinnahmende Weise verstört. Inspiriert auch durch die vom Kinderpsychiater Donald Winnicott entwickelte Vorstellung des „Holding Environment“ spiegelt der Raum die schwer fassbaren Entwicklungen des Menschen von der frühkindlichen Einheit mit der Mutter hin zur Autonomie des sozialen Individuums, respektive des Scheiterns in gnadenloser Haltlosigkeit.
Was in Worten wie Fürsorge, Abhängigkeit und Halt nach Gefühlsduselei klingen könnte, entfaltet in der auf zwei Kapitel angelegten Ausstellung bis in die Inszenierung selbst eine ansteckende Form des Abtastens essentieller Über-Lebenslagen im architektonischen Raum. Und das in einem von allen modischen Attitüden freien, Generationen übergreifenden dialogischen Prozess, dessen Authentizität sich in seiner Dringlichkeit unmittelbar auf das Erleben der BesucherInnen überträgt.
Zur Hand ist letzteren ein Begleitheft, das die theoretischen Reflexionen durch substantielle Hintergrundinformationen zu den vielen bestenfalls Insidern vertrauten Künstlerindividuen auf…
