The Eve of Destruction
Justin Hoffmann über »Destruktionskunst« zu Beginn der 60er Jahre
Auf dem orange-schwarzen Cover steht ein junger Kerl in Unterhemd, Jeans und Turnschuhen und schwingt mit ausholender Geste eine Axt. Um ihn herum erstreckt sich eine Bühne in Trümmern, wobei durch Grobkörnigkeit und Doppelbelichtung mit einer Nahaufnahme von weißen Mäusen nicht ganz deutlich wird, welche Brocken hier wozu gehören. Wie der Typ ausschaut und zuschlägt, könnte er bei der Früh-Achtziger-Destruktionsband ‘Einstürzende Neubauten` mitgemischt haben. Der Bildlegende im Inneren des Buchs ‘Destruktionskunst – Der Mythos der Zerstörung in der Kunst der frühen sechziger Jahre` ist jedoch zu entnehmen, daß hier der Künstler Rafael M. Ortiz schon 1969 in Los Angeles ein ‘Destruction Theater` exerzierte. In einem früheren Stück spielte er mit einem geköpften Huhn auf einer Akustikgitarre.
“Am Ende der sechziger Jahre konnten für kurze Zeit so kontroverse Ideologien wie schamanische Lehre, mythisches Denken, marxistische Theorie und anarchistisches Bekenntnis in der künstlerischen Praxis zusammengeführt werden”, so der Kunsthistoriker, Kritiker und (Pop)Musiker Justin Hoffmann in seiner lesefreundlich überarbeiteten Doktorarbeit. An der Schnittstelle von Kunst-Happenings, Fluxus, Aktionismus, Polit-Kämpfen und Riots vermittelte die Destruktionskunst ein Gefühl für den Aufstand, welcher sich in Opposition zum Vietnamkrieg dann auch entlud. Ein politisch-kollektives Bewußtsein jedoch, so zeigt sich im Verlauf der Untersuchung, formte sich dabei nur selten heraus: Im Unterschied zur spektakelfeindlichen ‘Situationistischen Internationale` um Guy Debord berufen sich die spektakelfreudigen Destruktionskünstler um Gustav Metzger vielfach auf künstlerische Intuition, Anarchismus und Psychoanalyse. Dennoch fällt auf, wie sich die 1968 gegründete.’Destructi-on Art Group` in der ‘Art Workers Coalition`…