Testcard
Beiträge zur Popgeschichte
Geschichtlichkeit, Spartenbildung und Kanonisierung von Pop stehen diesem neuen, halbjährlich erscheinenden Sammelbandprojekt als zentrale Leitmotive voran. Man verwehrt sich sympathischerweise von vornherein gegen Historismus und Kulturpessimismus. Formatmäßig knüpft das Magazin – selbst geschichtsbewußt – an die gute deutschsprachige Kompendienreihe “Rock-Session” an und versucht, einen Balanceakt zwischen Akademismus und Fanzine-Stile zu landen. Als federführende Herausgeber/Schreiber fungieren Martin Büsser – Mitarbeiter beim Punk/Hardcore-Magazin “Zap” und Autor des Buches “If the kids are united. Von Punk zur Hardcore und zurück” (Delta Verlag) – sowie der Pop- und Literaturgelehrte Johannes Ullmaier (siehe oben).
“Pop und Dekonstruktion”: Nicht unoriginell erscheint zunächst, wie das erste Heftthema von seinem vermeintlichen konzeptuellen Gegenteil, nämlich Vitalismus, Lebendigkeit, Erlebnisintensität, her verstanden wird. Destruktion – oder allgemeiner Negativismus – wird sowohl methodisch deduziert, historisch an bestimmten Stilen und Gruppen festgemacht, als auch philosophisch gewandt an einer Typologie von Cover-Versionen abgehandelt. Die zentrale Formel lautet dabei fast durchgehend “progressive präsentische Forcierung”.
Im weiten Feld der historischen Avantgarde wuchern die Parallelen, und so sind es entgegen dem kanonisierten Genealogiekonstrukt Dadaisten/Situationisten/Punks hier Artaud, die Wiener Gruppe sowie die Aktionisten, an denen historische Vorwegnahmen der Neuen Ästhetik (von Punk und New Wave) durchdiskutiert und vor allem reevaluiert werden: Artaud – ein faschismusnaher Fatalist, die Aktionisten – affirmative Neo-Mystiker, einzig die Wiener Gruppe, einige Fluxus-Ableger und neuerdings Survival Research Laboratories gehen als veritable Destruktivisten durch. Erfrischend bleibt entgegen solch kruder geschichtlicher Bricolage die Konsequenz, mit der das Thema der “vitalistischen Präsenz” an aktuelle Diskurse rund um Rechts-Rock, reaktionäre Vereinnahmung von Pop und schließlich die Rede vom…