Hans Ulrich Reck
Terrain und Entwurf – Zur Bedeutung von Theorien über “Spiel” für Ästhetik und bildende Kunst
Wir leben in einer konjunkturellen Hochphase des Spielens, in einer geradezu spieleuphorischen Epoche. Historisch ist noch jede Ära ludischer Exzesse eine konjunkturell vehement gegenläufige Ausprägung, also auch eine Verwerfung fundamentaler Krisen gewesen – wenn auch gewiss nicht physiognomischer Ausdruck einer einzigen oder immer derselben Gefährdung. Je stärker die ludischen Exzesse in die verschiedenen sozialen und ökonomischen Sphären eindringen, umso ernster scheint das Leben ebendort geworden zu sein. Umso ungleichzeitiger, potentiell brisanter sieht sich die Kunst herausgefordert durch die Versprechungen des Ludischen. Gambling und Risikospiele begleiten die gesellschaftlichen Krisen parallel zu deren Intensitätsgraden. Nicht immer ist das soziale Moment der Ästhetik des Spiels ausreichend betrachtet worden und wenn, dann meistens nicht so scharf wie bei Ernst Bloch, der die als Schaustücke verkleideten, in ihrem Elend getarnten Wettbewerbe um hartes Überlebensgeld in den Amüsiertempeln der “roaring twenties” analysiert, in Aufsätzen gewürdigt und diese dann in sein glorioses Buch ‘Erbschaft dieser Zeit’, erschienen bereits im Zürcher Exil der 1930er Jahre, aufgenommen hat.
Verordnet: Leben als Spiel, sozialer Kampf, Behauptung spieltheoretischer Rationalität, unterstellte Nullsummenspiele
Zeitungen, Medien, politrhetorische Mahnungen, Ratschläge der Wirtschaftskapitäne, Propaganda-Feldzüge der Anlegeberater, nicht zufällig der Sprache der Meteorologen nachempfundene, der Rationalität des Wetters sich angleichende Ergüsse von “Analysten” sind heute wieder voll von Appellen an die ultimativen ludischen Chancen für den Einzelnen. Diese politischen Appelle erweisen sich als ebenso deutlich wie die bestimmenden ökonomischen Strukturen, die in deren Hintergrund wirken. Es geht um die plebiszitär durch jeden…