Techno lesen
Textsammlung von Anz/Walder
Die Nummer 580 035 des US-amerikanischen Patentregisters aus dem Jahre 1897 lautet auf den Namen Thaddeus Cahill. Dieser ließ sein Dynamophon (auch Telharmonium) patentieren, das erste Instrument, das mit Hilfe des elektrischen Stroms die Luft zum Schwingen brachte und also Töne erzeugte. Cahills Absicht, die orchestrale Instrumentierung um ein Gerät zu bereichern, das alle möglichen Klangfarben erzeugen konnte, machte die Konstruktion eines 200 Tonnen schweren, 18 Meter langen und 200 000 Dollar teuren Monstrums notwendig. Ein Zeitgenosse beschreibt die Wirkung des Dynamophons so: “Der in Verbindung stehende Raum wird zauberhaft mit Klang erfüllt, unsichtbar, mühelos und unermüdlich.”
Eine Dekade später wurde der Komponist Ferruccio Busoni auf die Erfindung aufmerksam und setzte in seinem Essay “Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst” (1906) große Hoffnungen in das neue Instrument, insbesondere wollte er damit sein Dritteltonsystem umsetzen. “Wichtig und drohend ist die Frage, wie und worauf diese Töne zu erzeugen sind. Es trifft sich glücklich, daß ich während der Arbeit an diesem Aufsatz eine direkte und authentische Nachricht aus Amerika erhalte, welche die Frage in einfacher Weise löst.” Es ist die Mitteilung von Dr. Thaddeus Cahills Erfindung. Weil der technische Fortschritt zwar stetig, aber nur langsam vorankam, erfolgte der Durchbruch der elektronischen Musik erst in den 1950er Jahren. Busoni schien diese Verzögerung vorausgeahnt zu haben, als er schrieb: “Nur ein gewissenhaftes und langes Experimentieren, eine fortgesetzte Erziehung des Ohres werden dieses ungewohnte Material einer heranwachsenden Generation und der Kunst gefügig machen.”
Heute ist es soweit. Der Traum einiger Komponisten zu Beginn dieses…