Teamarbeit: das Leonardo-Prinzip für unsere Zeit
Gerfried Stocker im Gespräch mit Sabine B. Vogel
Als ausgebildeter Ingenieur der Nachrichtentechnik baute Gerfried Stocker Ende der 1980er Jahren in Graz zusammen mit anderen Künstler*innen das Kunst-Technologielabor „x-space“ auf. Mit ihrer Medienkunst nahmen sie an zahlreichen Veranstaltungen teil, darunter auch an der Ars Electronica in Linz. 1995 realisierte Stocker dort ein internationales Netzwerk-Radio-Kunstprojekt. Im selben Jahr lud ihn Hannes Leopoldseder, Mitbegründer der Ars Electronica (kurz: AE), zur Bewerbung für die Leitung des Medienfestivals und des geplanten, permanenten Ars Electronica Centers ein. Es sollte nicht nur ein Museum für digitale Kunst werden, sondern „ein Vermittlungs-, Bildungs- und Kommunikationszentrum“ – worin Stocker eine spannende Herausforderung sah: „Wie kann man künstlerische Arbeit im Sinne einer gesellschaftsbildenden Rolle so vermitteln, dass die Menschen vom Userdasein – also vom Joch, die Technologien nur zu konsumieren – zum Entwickler und creator werden?“
Sabine B. Vogel: Die Ars Electronica (AE) ist ein Festival für Medienkunst. Wie wichtig ist der künstlerische gegenüber dem technologischen Aspekt der Beiträge?
Gerfried Stocker: Peter Sloterdijk hat einmal von der ,treibenden Kraft der Bastarde‘ geschrieben: die ohne Erbrecht ausgestatteten Nachkommen des Adels konnten nichts andres machen als ihre Talente zu entdecken, zu entwickeln und zu Markte zu tragen. Genau das ist der AE passiert, als die Gründungsväter – ein Wissenschaftler, ein Musik-Künstler und ein Journalist – 1979 die Formel erfanden: ein Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft. Damit war die AE als Bastard geboren, mal mehr künstlerisch, mal wissenschaftlicher ausgerichtet, aber in den 40 Jahren immer verankert…