Ralf Christofori
Tattoo und Körperzeichnung
Der Körper als Zeichenträger
Das keltische Kreuz war angeblich sein erstes Tattoo. Er trägt es auf der rechten Hüfte. Am linken Oberarm ein Maori-Tattoo, das er sich von Te Rangitu Netana aus Neuseeland anfertigen ließ. Großmutter Betty und Großvater Jack sind auf den Unterarmen verewigt, die Chorusline zur Beatles-Hymne „All you need is love“ auf seinem Rücken. So sieht Robbie Williams aus – zumindest unter der Haut. Seine Tätowierungen sind lebende Legenden. Ob ihre kulturellen, künstlerischen und biografischen Beweggründe tatsächlich noch das meinen, was sie ursprünglich sagen sollten, sei dahingestellt. Fest steht: Körperzeichnungen sind ästhetische Zeichen, die immer auch Identität stiften. Sie bemühen die kulturelle Ikonografie genauso wie sie zum Habitus des Protests gehören. Sie bezeugen Zugehörigkeit oder gesellschaftliche Abgrenzung. Ihren ursprünglichen Verwendungszusammenhang sakraler oder ritueller Symbolik haben sie zumeist hinter sich gelassen. Mittlerweile sind Tattoos Teil der Popkultur, als flächendeckende „Arschgeweihe“ haben sich die so genannten „Tribals“ buchstäblich eingebürgert.
In der zeitgenössischen Kunst ist die Körperzeichnung eine eigenwillige Marginalie geblieben. Sie wird eher der Body Art zugerechnet, als der Gattung Zeichnung. Das ist nachvollziehbar, weil der Körper dem Künstler als Medium oder als Bildträger dient, die Zeichnung also eng mit dem Subjekt verbunden ist. Dieser Umstand ist auch aus der Betrachterperspektive entscheidend, weil die Zeichnung nie als autonome Äußerung auf einem neutralen Blatt existiert, sondern immer als Zeichen auf dem Körper eines Subjektes. Insofern äußert sich in der Körperzeichnung eine zugespitzte Konstellation der Trias „Bild-Medium-Körper“, wie sie Hans Belting in seinem Versuch einer Bild-Anthropologie beschrieben hat. Demzufolge…