PETER FUNKEN
Tätig Sein
Neue Gesellschaft für Bildende Kunst, Berlin, 15.5.- 15.6.2004
Welche Tätigkeiten sind frei von Arbeit?” – so lautet eine der wiederkehrenden Fragen im Interviewteil des Katalogbuchs zur Ausstellung “Tätig Sein”.
Eine ungenannte Kunsthistorikerin äußert: “Gerne hätte ich jetzt geantwortet: organische wie die Verdauungstätigkeit. Mein Magen meint aber, das sei ein Mythos. Und meine Muskeln behaupten, dass schon ein gemächlicher Nachmittagsspaziergang für sie mit Freizeit nichts zu tun hat. Scheint so, als würde immer irgendjemand oder -etwas arbeiten.”
Eine richtige Beobachtung angesichts eines entfesselten Arbeitsbegriffs. So etwa könnte die Wunscherfüllung im Sinne von Ernst Jüngers Theorie der “Totalen Mobilmachung” aussehen, oder auch die der zeitgenössischen Bundesbahn, die mit dem Slogan wirbt: “Ahmad Kazan steht jede Nacht um 2 Uhr auf. Und hinterläßt einen glänzenden Eindruck – die Bahn macht mobil”.
Arbeiten, konsumieren, mobil sein. Es gibt anscheinend kein zurück für unsere Gesellschaft, der seit geraumer Zeit die Erwerbsarbeit ausgeht: ” … was könnte verhängnisvoller sein”, hat Hannah Arendt angesichts dieser Entwicklung bereits in den 50er Jahren angemerkt.
Arbeit als einen alles determinierenden Begriff empfanden die fünf Kuratorinnen der Gruppenausstellung “Tätig sein” aber zu belastet, zu beengend und haben ihn deshalb vorsichtig gemieden: Ihnen geht es gerade nicht um Beschäftigung, Erwerbslosigkeit oder Beziehungsarbeit, sondern um die Bedeutung des Referenzsystems Kunst in Hinblick auf den Arbeitskomplex. Kunst, so Manuela Schöpp, eine der fünf KuratorInnen, kann man als “Arbeit an sich selbst” begreifen, und so wurde für den Ausstellungstitel anstatt des überstrapazierten Arbeitsbegriffs der Kontext fähigere Tätigkeitsbegriff gewählt. Zwar ändert dies an dem festgefahrenen Schema von zuviel…