Magdalena Kröner
Tacita Dean
»Hugo Boss Prize 2006«
Guggenheim Museum, New York 23.2. – 6.6.2007
Wie erinnert man sich an etwas, das verschwindet? Meist im Sinne einer nostalgischen Verklärung, die bestimmte Dinge hervorhebt, während sie andere auslöscht und dem Vergessen anheimgibt. Erinnern und Vergessen sind in hohem Maße subjektiv. Um die subjektiven Erfahrungen Vieler zu objektivieren und sie einer allgemeineren, erweiterten Erfahrung zugänglich zu machen, gibt es Denkmäler und Mahnmale. Tacita Dean befaßt sich in ihrer aktuellen Arbeit mit der Gestalt einer möglichen Erinnerungsstrategie, die über Subjektivität und Nostalgie hinauszureichen sucht, und hat dabei ein Denkmal geschaffen, das gänzlich ohne Sentimentalität auskommt.
Die diesjährige Hugo-Boss-Preisträgerin hat im Guggenheim-Museum ein intimes, angenehm minimalistisches Kabinett aus vier präzise orchestrierten Arbeiten über das Verschwinden eingerichtet. Genauer: über das Verschwinden des Zelluloidfilms, wie er in der von der Schließung bedrohten Kodak-Fabrik im französischen Chalon-sur-Saône hergestellt wird. Dean hat die Produktion der wohl letzten Rollen Zelluloidfilm filmisch festgehalten. Und so wird, was zunächst wie ein alter Schul-Lehrfilm über die industrielle Herstellung von Film anmuten mag, plötzlich zum Erinnerungsbild: was hier gezeigt wird, gibt es bald nicht mehr. In diesem Zusammenhang erscheint auch eine zuerst unvermittelt und geradezu pathetisch wirkende, raumgreifende Darstellung eines uralten Baumes sinnfällig: eine ebenfalls bedrohte Spezies. Doch, typisch für Dean, ist das, was als Zeichnung anmutet, eigentlich ein übermaltes Foto einer Eiche, deren Umraum mit weißer Gouachefarbe gefüllt ist. Dean führt unterschiedliche Medien vor und spinnt zugleich ein dichtes Netz voneinander abhängiger Deutungen, in dem sie die Arbeiten in einen offenen Dialog miteinander…