[sýn] Zusammen [bíos] Leben.
Kunst des Miteinanders als globale Überlebensstrategie
herausgegeben von Judith Elisabeth Weiss
Sich verwandt machen (Donna Haraway), Resonanzen erzeugen (Hartmut Rosa), zur Praxis von Gabe und Gegengabe anstiften (Robin Wall Kimmerer) – Handlungsanweisungen wie diese stellen relationales Denken in den Mittelpunkt, das angesichts gegenwärtiger Dystopien zunehmend zur überlebensstrategischen Aufgabe der Menschen wird. Tierwerden, Pflanzewerden, Indigenwerden bilden dabei Formen der ästhetischen Praxis, die Selbsterfahrung im Zusammenwirken mit den vielen Anderen ergründen. Die Kunst ist nicht nur bevölkert von grenzüberschreitenden Tier-Pflanze-Mensch-Wesen und von Gebilden organisch-technischer Verbindungen. Sie agiert längst selbst in symbiotischen Zusammenhängen von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Technologie. Sie bringt kooperative Forschung hervor, setzt soziale und ökologische Projekte um und initiiert globale Netzwerke für eine bessere Zukunft.
Angesichts von Pandemie und Klimawandel, angesichts des verheerenden Krieges in der Ukraine und seiner weitreichenden Folgen für die Zukunft stellt sich für die Kunst mehr denn je die Frage nach ihrer Erlösung von der Last der Utopie. Gefragt sind konkrete Handlungsoptionen und neue Kulturkonzepte. Wie kann Kunst, wie können Ausstellungspraxis und ästhetische Theorie wegweisende Resonanzräume öffnen? Und taugt das Modell einer glückenden Symbiose als Ausweg aus übersteigertem Individualismus, kalter Ausbeutung und Zerstörung?
Der einleitende Beitrag „Sympoiesis“ von Judith Elisabeth Weiss diskutiert die Möglichkeiten der Kunst, Wahrnehmungskonventionen zu stören, um zu neuen Perspektiven zu gelangen. Das Konzept der Symbiose rückt als verbindendes Glied zwischen Flora, Fauna, Mensch und Technik in den Blick, das mit Auffassungen von Würde, Fürsorge und Achtsamkeit verbunden ist. Die neue Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, formuliert im Gespräch ihre Vorstellungen…