Hanns Feustel
Symmetrieformen in der Biologie
Auch in der Biologie beruhen Symmetrien auf der regelmäßigen Wiederholung vergleichbarer Strukturen oder Funktionen. Es lassen sich jedoch auf lebende Systeme, wie sie Pflanzen, Tiere und auch der Mensch darstellen, keine mathematisch so genau definierten Symmetrievorstellungen wie etwa in der Physik oder Mineralogie anwenden, denn völlige Identität der Symmetrieelemente kommt bei Organismen praktisch nicht vor. Der Symmetriebegriff ist viel weiter zu fassen.
Im Pflanzenbereich – zumindest bei den höheren, »wurzelnden« Pflanzen – bewirken vor allem Schwerkraft, Stabilität. Stofftransport, optimale Raum-, Licht- und z.T. auch Regenausnutzung, bei Blüten die wechselseitigen Beziehungen zu ihren Bestäubern (Insekten, einige Vögel und Fledermäuse) die Ausbildung bestimmter Symmetrieformen.
Bilaterale oder einfache Spiegelsymmetrie
Im Tierreich sind die meisten Symmetrien »Bewegungssymmetrien«. 95 Prozent aller Tiere und der Mensch sind bilateral symmetrisch (Bilateralia). Was bedeutet, daß ihr Körper in zwei beinahe spiegelbildliche Hälften teilbar ist. Folgen wir der Evolutionslehre, so wird jeder Organismus von Generation zu Generation immer wieder auf seine Lebenstüchtigkeit, das heißt unter gegebenen Außenbedingungen nicht unterzugehen, bevor Nachkommen gebildet sind, ausgelesen. »Symmetrie muß durch seine selektiven Vorteile ausgewiesen sein, sonst könnte sie sich im Wechselspiel von Mutation und Selektion weder behaupten noch durchsetzen. So spielt das Leben nur mit der Symmetrie, etwa wie ein Komponist mit Rhythmus und Harmonie« (Manfred Eigen). Die Anpassung, die durch Symmetrie möglich ist, muß nicht unbedingt die bestmögliche, wohl aber die mindestnötige sein. Die bilaterale Symmetrie ist demnach die günstigste Symmetrieform für alle sich vorzugsweise in einer Richtung fortbewegenden Tiere, bei deren Körpern Vorn und Hinten, Oben und Unten…