René Bardet
Symbol der Partnerschaft?
BEMERKUNGEN ZU EINEM WERK VON CHRISTOPH RÜTIMANN
Im Objekt der blauen Doppelwaage, “ohne Titel”, des Schweizer Künstlers Christoph Rütimann glaubt man den Gedanken der “doppelten Last” (siehe Eröffnungstext Künstler-Paare), der dem Künstler-Paar als doppeltem Künstlerwesen innewohnt, vortrefflich visualisiert zu sehen. René Bardet, Musiker und journalistischer Kulturforscher, hat sich im Folgenden mit seiner symbolischen Deutung von Rütimanns Doppelwaage auf ein, wie er selbst schreibt, “schlüpfriges Parkett” begeben.
Auch ohne Astrologiekenntnisse lassen sich in die Waage jederzeit sinnreiche Bedeutungen hineinlesen. Von alters her steht sie für Ausgleich. Sogar für das Thema Partnerschaft könnten wir die alte Symbolik der Waage als Instrument des gerechten Auf- und des umsichtigen Einteilens bemühen. Damit liesse sich der Bogen über Haushalt und Partnerschaft schlagen. Man könnte etwa auf die hohe Rolle der Frau in alten Gesellschaften als Güterverwalterin der Sippe verweisen, auf ihre soziale Verantwortung bei der gerechten Güterverteilung, was schliesslich, als abstraktes Rechtsempfinden, sogar in die berühmte Justitia-Allegorie eingeflossen ist: die Dame mit Waage und Schwert. Für dieses Bild lässt sich diese Symbolik indes nicht ausbeuten. Denn die Ausgleichssymbolik klappt nur mit der Balkenwaage, kombiniert mit den beiden Schalen. Wenn man also nicht einfach unbesehen das Wort “Waage” als Aufhänger nimmt, um sich selbstverliebt über den esoterischen Sinn der Waage reden zu hören, muss man auf diese Betrachtungsweise von vornherein verzichten. Denn mit der modernen Federwaage haut die Symbolik des gegenseitigen Abwägens nicht hin. Sie wägt nur ein Ding aufs Mal und sucht weder Vergleich noch Ausgleich zwischen zwei Schalen. Die Haushaltwaagen sind Gebrauchsgegenstände,…