Heinz Thiel
Sybille Berke
Wachsfabrik, 28.7.-20.8.1989
Wenn jeder schon sein ‘Päckchen’ zu tragen hat, wie man gerne im zwanglosen Geplauder zu verstehen gibt, dann sollte man sich dessen auch sinnlich bewußt werden – so etwa könnte man Sybille Berkes Ensemble “Energiekoffer” verstehen. Sieben solcher “Energiekoffer” sind in der Wachsfabrik um einen hohen weißen Pfeiler arrangiert; es sind rechteckige Holzkästen unterschiedlicher Größe und mit gebuchteten und gerundeten Umrißformen. Was sie als Koffer auszeichnet, ist vor allem der Griff. Ansonsten ist die Nähe zum gebräuchlichen Alltagsgegenstand gleicher Bezeichnung äußerst gering: Sybille Berkes ‘Koffer’ haben keinen Boden, lassen sich nicht öffnen, können demnach auch nichts für einen Transport in sich aufnehmen, sind mit Löchern auf der Oberseite versehen und in einer freundlichen Schattierung mausgrau gestrichen.
Die “Energiekoffer” wirken auf einen Betrachter wie klobig verformte Geigen- oder Trompetenkästen oder wie abmontierte Gasboiler-Verkleidungen und wenn man den Titel assoziativ auf sich einwirken läßt, dann kann man auch mit solchen Bildern das Abstraktum ‘Energie’ verbinden – man darf nur nicht den Hauch von Ironie wegwischen, der die skulpturalen Objekte von Sybille Berke überzieht. Aus dieser Ironie heraus bekommen die Ideen der Künstlerin ihre unverwechselbare Erscheinung, obwohl eine gewisse Verwechselbarkeit wiederum die Grundlage ihrer Erscheinung ist. Die Koffer sind da Ausnahme und Erläuterung zugleich: als Ausnahme stehen sie im Werke, weil sie nicht wie die meisten der Wand- oder Bodenobjekte auf eine konkrete Raumsituation hin gearbeitet wurden und als Erläuterung können sie gelten, weil sie den Gestaltungsimpuls verdeutlichen. Die “Energiekoffer” sind biographische Aussagen, sie sind Ergebnisse der Auseinandersetzung der Künstlerin…