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Ausstellungen: Jesteburg · von Jens Asthoff · S. 228 - 229
Ausstellungen: Jesteburg ,

Jesteburg
Suse Bauer

Schneller ist mein Gedanke
Kunstverein 04.02.–28.04.2024

von Jens Asthoff

Es könnten archäologische Fundstücke sein, Gebäudefragmente, vielleicht Fossilien. Doch sofort schmeckt man da Artifizielles durch, eine barocke Neigung zur adaptierten Naturform und die lustvolle Übersteigerung, hinein in freie Kunsterfindung. Die Plastiken und Gemälde, die Suse Bauer (* 1979 in Erfurt, lebt in Hamburg) im Kunstverein Jesteburg zeigt, verdanken sich dem Experimentieren mit Dekor jenseits von Architektur. Es sind frei abstrakte Plastiken, gearbeitet in klassischen Verfahren: Gipsguss, Stuck und falscher Marmor. Dafür erschließt sich Bauer komplexe, heute nahezu ausgestorbene Handwerkstechniken, denen sie völlig neue Formen abgewinnt. Oft sind die Werke als Oberflächen beinahe ohne Korpus ausgelegt, Nische (2024) etwa, ein freistehend plastisches Eins-zu zwei-Querformat, vorn mit handbreit gestaffelter Flächenstrukturierung in leuchtend blassem, sahnigen Hellblau. Über eine kurvige Auskragung steigt die Vorderseite sanft an, Ränder links und rechts sind weich umgebogen. Das strukturierende Muster ist händisch ins matt auftrocknende Material gezogen, Fingerspuren sind klar erkennbar. Die Kehrseite zeigt ein völlig anderes Bild: fleckfarbige Gemengelage aus vorwiegend rotbraunen Tönen mit gelben und blauen Einlagerungen, verdichtet zu prächtiger, glänzend polierter Marmorierung. In Nische ist quasi eine Schicht mit der je anderen beschichtet – ausgeführt in unterschiedlichen Stuckdekorverfahren, tragen und stabilisieren sie einander. Das Prinzip Schichtung greift ähnlich auch für die Großformate Replica ( Replacement) (2024) und What are you made for? (2024). Als Sockel fungieren bei diesen Werken meist Transportkisten, in denen die fragilen Objekte jenseits von Ausstellungen verwahrt sind.

Bauer arbeitet mit Stuck und Scagliola, Letzteres ein altes, heute kaum mehr praktiziertes Handwerk zur intarsienartigen…

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