Martin Blättner
Susanne Bosch
»Restpfennigaktion«
Kohlenhof, Nürnberg, 23.1. – 15.2.1998
»Abschaffen kann man das Geld nicht. Das Geld ist wohl ein genialer Kreislaufregler, nicht?«
Joseph Beuys, 1972
Was bringt uns der Euro wirklich? Vielleicht den Auftakt zur politischen Vereinigung Europas (in welchen Grenzen auch immer) oder in Wahrheit die Entwertung aller bislang gültigen Werte durch eine geradezu “apokalyptische” Währungsreform nach der Jahrtausendwende? Sinken womöglich die Renten, werden wir gar alle zum “Sozialfall”, wie das einige Wortführer bereits vorrechnen? Die Ängste nicht nur der kleinkapitalistischen Sparschwein-Sparer vor dem Sprung ins Nichts sitzen tief. Nach dem Verschwinden der DDR also auch noch das Verschwinden der D-Mark? Ohne die Kapitalflucht anheizen und ohne Panik auf der wirtschaftswunderlichen Titanic schüren zu wollen, muß leider ergänzt werden: auch der Pfennig wird bald nicht mehr sein. Der Glücks-Fetisch wird ab 2002 vom Eurocent abgelöst. Und exakt bis zu diesem Stichtag will Susanne Bosch möglichst viele Restpfennige sammeln und in ihrem Atelier anhäufen, um das bis dahin schwergewichtige Finanzkapital in ein “Utopiezentrum” umzuwandeln. Offenbar in Anlehnung an den Kunst-Kapital-Begriff von J. Beuys (“Es muß nur ein echtes Äquivalent der Ware sein. Und es darf sich nicht verselbständigen und gegen die Menschen arbeiten.” Beuys auf der d 5) machte sie zum Auftakt ihrer “Restpfennigaktion” in der nichtkommerziellen Kohlenhof-Galerie folgende Rechnung auf: Um in vier Jahren von jedem Bundesbürger einen Pfennig zu erhalten (81.817.500 Pfennige wiegen 168 t 114,78 kg) müßte Bosch bei einem Acht-Stunden-Tag 7379 Pfennige in der Stunde sammeln. Als Einzelkämpferin – soviel ist klar – wird sie das nie schaffen,…