Helga Meister
Susan Philipsz
»The Missing String«
K 21, Düsseldorf, 8.11.2013 – 6.4.2014
Beim Skulptur Projekt Münster im Jahr 2007 fiel die Schottin Susan Philipsz (Jg. 1965, Glasgow) erstmals durch eine Klang-Installation auf. Sie installierte Lautsprecher unter der Torminbrücke über den Aasee, aus denen die verlockende, allbekannte „Barcarole“ aus Jacques Offenbachs Oper „Hoffmanns Erzählungen“ ertönte. „Schöne Nacht, du Liebesnacht, o stille das Verlangen“ sang da eine Stimme über den See hinüber zum anderen Ufer und wieder zurück. Die Stimme kam von Susan Philipsz, einer Bildhauerin ohne Gesangsausbildung. Ihr ging es um die plötzliche Berührung durch Musik in einem dafür nicht bestimmten Raum. Die Besucher reagierten sofort. Sie fühlten sich auf eine der wippenden, schwingenden Gondeln in Venedig versetzt und genossen die wiegenden Bewegungen der Musik, als befänden sie sich in der Lagunenstadt und nicht am Aasee. Susan Philipsz verfremdete das Geschehen insofern leicht, als sie sowohl die Kurtisane Giulietta als auch den männlichen Part des Niklaus sang. Zur Erinnerung: Die Arie handelt vom verlorenen Spiegelbild. Denn die Kurtisane bei E.T.A. Hoffman schenkt dieses Spiegelbild ihren Männern, so dass weder die Frau noch die Kinder sie wiedererkennen.
2010 erhielt die schottische Künstlerin den Turner-Prize und 2012 hatte sie ihren großen, internationalen Durchbruch auf der Documenta. Ihre Arbeit erklang im aufgelassenen Hauptbahnhof, an dessen Ende einst die Henschelwerke den Rüstungsexport im Zweiten Weltkrieg betrieben. Aber nicht nur Waffen, sondern auch jüdische Opfer wurden von dort in die Konzentrationslager gebracht. Die Geschichte dieses Ortes brachte Susan Philipsz den Besuchern eher beiläufig nahe. In der Sichtachse…