Paris
Surréalisme
Centre Pompidou 04.09.24–13.01.2025
von Heinz-Norbert Jocks
Paris im Surrealismus-Rausch. Man kann es kaum glauben, dass die Erfolgsgeschichte dieser interdisziplinären Bewegung vor hundert Jahren begann und erst mit dem Tod von André Breton im Jahre 1966 endete. So geheimnisvoll, deliriös und wundersam wirkt noch heute dieser Geist der Subversion, der die Literatur, die Kunst und den Film revolutionierte. Gemeinsam mit dem Dichter Paul Éluard ist Breton, der zum Papst oder Vater des Surrealismus Gekrönte, einer der Initiatoren, der 1924 unter dem Schock seiner finsteren Erfahrungen im Ersten Weltkrieg als 28-jähriger das berühmte „Manifest des Surrealismus“ verfasste. Er pochte darauf, „dass der Surrealismus historisch nur in Abhängigkeit vom Krieg verstanden werden kann – ich meine von 1918 bis 1939 – zugleich im Zusammenhang mit dem Krieg, bei dem er einsetzte, und dem, zu dem er zurückkehrte.“ Sich geistig zwischen Karl Marx und Arthur Rimbaud bewegend, sehnten sich die Surrealisten danach, sowohl das Leben als auch die Welt zu verändern. Die durch den Krieg zu einem „kollektiven Schlachthaus“ und „blutigen Labyrinth“ (Octavio Paz) verkommene Wirklichkeit wollten sie überwinden und eine andere darüber entdecken. Fasziniert von Sigmund Freuds „Traumdeutung“, setzten sie dabei auf die Entfesselung des Unbewussten. Dessen Quelle zapften sie an, indem sie sich imaginierend dem Träumen überließen und die écriture automatique, das automatischen Schreibens erprobten. Auf diese Weise wollten sie die von der Vernunft ausgeübte Zensur austricksen, die den freien Lauf assoziativen Denkens und Fantasierens blockiert. Intendiert war ein „Sehen ohne Ufer“, so Louis Aragon, dessen durch Pariser Passagen flanierender Bauer von…