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Magazin: Publikationen · von Vitus H. Weh · S. 500 - 500
Magazin: Publikationen , 1998

Super Constellation

Flugzeug und Raumrevolution

Es ist ein materialistischer Glücksfall, wenn ein Produktname zur Metapher einer ganzen Epoche taugt: “Super Constellation” hießen nicht nur die legendären Langstreckenmaschinen der Firma Lockheed, die bis Ende der 50er Jahre die Zivilluftfahrt bestimmten; als Begriff illustriert “Super Constellation” auch vielschichtig jenen Wandel, den Christoph Asendorf in seinem Buch als “Raumrevolution” beschreibt. Seine These: Seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben Luft- und Raumfahrt unsere Sehgewohnheiten radikal verändert.

Den Auftakt dieses neuen Blickregimes markiert Asendorf im Jahre 1909: Blériot überfliegt als erster den Ärmelkanal, Marinetti veröffentlicht sein “Futuristisches Manifest” und Peter Behrens verkündet in Vorträgen die notwendige Anpassung der Architektur an den beschleunigten Verkehr durch formale Reduktion und Konzentration auf geschlossene Flächen.

“Super Constellation” bezeichnet insofern nicht nur die Neu-Kartographierung der Welt durch das virtuelle Netzwerk der Fluglinien, nicht nur die generalsstabsmäßige Obersicht, die aus den Flugzeugfenstern plötzlich populär wurde. “Super Constellations”, das sind für Asendorf auch die Megastrukturen, die zeitgleich mit der Popularisierung der Luftfahrt die Imaginationen der Architekten und Künstler zu beflügeln begannen (von Le Corbusiers Obus-Plan über R. Buckminster Fullers geodätische Kuppeln, den mobilen und austauschbaren Wohnkapseln der Gruppe Archigram bis zu Kenzo Tanges Plan, die Bucht von Tokio netzartig zu überbauen); “Super Constellations” sind die künstlichen Lebensräume, die für die Luftleere der Raumfahrt und zugleich für den frei flottierenden “Stoffwechsel” moderner Städte entwickelt wurden; die Begriffe “One World”-Politik, “Totale Mobilmachung” und All-over-Strukturen der Malerei korrespondieren nicht nur zeitlich, sondern auch formal-ästhetisch miteinander; die kubo-fraktalen Maltechniken entstanden nicht nur “spontan” durch Georges Braque, Picasso oder den Vortizismus,…

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