Jutta Schenk-Sorge
Sugimoto: Portraits
Deutsche Guggenheim Berlin, 5.3. – 14.5.2000
Rembrandt mit typisch kritisch musterndem Blick, so zeigt ihn die lebensgroße Schwarzweiß-Aufnahme. Ein gelungenes Foto, scheint es. Denn umringt von Medienbildern, die uns jeder Zeit noch das Entlegendste vor Augen führen, wirken diese lebensvollen Fotografien von Rembrandt oder Shakespeare oder Heinrich VIII und seinen sechs Frauen momentan ganz selbstverständlich. Der Japaner Hiroshi Sugimoto nennt sich denn auch den ersten Fotografen des 16. Jahrhunderts, obwohl seine Modelle tatsächlich Wachsfigurenkabinetten entstammen. Seine Werke betrachtet er als “Zeitmaschinen”, die die Vergangenheit in die Gegenwart holen.
Er ist der dritte “Auftrags”-Künstler des Guggenheim Berlin (nach Rosenquist und Slominski) und mit ihm kommt erstmals die Fotografie zum Zuge. Seine Serie “Portraits” führt deren Aktualität und konzeptionelles Potenzial als künstlerisches Medium glänzend vor. Wenn der Katalog Sugimoto zuspricht, seine Arbeiten artikulierten die “Ontologie des fotografischen Bildes”, klingt das zwar angestrengt, ist aber nicht falsch angesichts des Kaleidoskops von Bild- und Realitätsebenen, die sie enthalten. Unter den historischen Größen wählte der Künstler vor allem Mitglieder des englischen Königshauses als Fotomodelle; die meisten Aufnahmen entstanden in langen nächtlichen Sitzungen in Madame Tussaud’s Londoner Wachsfigurenkabinett. Sugimoto isolierte die Figuren vor schwarzem Grund, setzte sie gemäß klassischer Porträttradition ins Dreiviertelprofil und leuchtete sie in Rembrandtscher Manier aus. Trotz der deutlichen Anlehnung an die Ästhetik der Malerei, ist die Wirkung der Aufnahmen eine völlig andere. Weit stärker als bei Gemälden fühlt sich der Betrachter als Augenzeuge und Gegenüber realer Personen. Die dreidimensionale Plastizität der Wachsfiguren, ihr Realismus und die Detailgenauigkeit schaffen eine eigene Art…