Uli Bohnen
Sturtevant
Galerie Paul Maenz, 7.4.-3.5.1989
Bei Leuten, deren Kunstgenuß unmittelbar hinter den Augäpfeln endet und bei denen das Geistspiel da beginnt, wo die Buchstaben aus dem Kunstlexikon vor ihren Augen zu tanzen beginnen, ist nicht damit zu rechnen, daß sie die Arbeit der in New York lebenden Künstlerin Elaine Sturtevant zu würdigen wissen, bevor die heute 18jährigen das Feuilleton der “ZEIT” übernommen haben werden. Immerhin und glücklicherweise brauchen viele Sammler nicht so lange für ihre Einsichten, denn bis auf ein Stück wurden alle Werke von Sturtevant am Eröffnungstag verkauft, obwohl die Preise New Yorker Niveau hatten.
Ein Überblick über 25 Jahre – man sollte die Möglichkeit nutzen, sich diese Ausstellung anzusehen, die noch bis zum 3. Mai dauert! Wenn diejenigen, die noch nicht wissen, was sie dort erwartet, nun der ersten Überraschung verlustig gehen, indem hier verraten wird, daß Sturtevant seit einem Vierteljahrhundert ausschließlich Duplikate produziert, dann bleiben noch genügend Abenteuer übrig – sinnliche wie gedankliche.
Man betritt die hallenartige Galerie und läuft auf ein großes Warhol-Set mit “Marilyns” zu. Wendet man sich nach rechts, sieht man Duchamps “Bicycle-Wheel” (Fahrrad-Rad); zur Linken: die amerikanischen Fahnen von Jasper Johns in bester, dabei komplizierter Enkaustik-Technik auf Leinwand. Im hinteren Teil des Raumes, nachdem wir Oldenburg, Lichtenstein und Frank Stella wiedererkannt haben, befindet sich unter anderem eine Ansammlung von Beuys-Arbeiten, darunter der berühmte Fettstuhl – sogar die zittrig-imaginierte Weise, in welcher der von allen guten Geistern inspirierte Meister seine Werke hergestellt hat, ist mitvollzogen.
Welch eine Ironie! Oder?
Ja, es handelt sich um Duplikate. Diese vielleicht noch…