Marius Babias
Strategie & Rhetorik
DENNIS ADAMS, JOHN BALDESSARI, JOCHEN GERZ
GALERIE ANSELM DREHER, BERLIN, 20.10.89-27.1.90
Zwei Schlagwörter im zeitgenössischen Kunstdiskurs betiteln eine Ausstellung, die ihrerseits schlagkräftig genug ist, um das gemeinte Wortpaar “Strategie & Rhetorik” von seiner modischen Geschwätzigkeit zu befreien und der Sprache jene definitorische Klarheit zurückzugeben, die ihr gebührt.
John Baldessari, Jochen Gerz und Dennis Adams verkörpern angesichts einer allgegenwärtigen Rückkehr der Opulenz, des Kitschs und des Banalen das Bestreben, traditionelle Inhalte der Kunst ganz im Sinne von Habermas “neu zu befruchten” und also das affirmativ erstarrte Begriffspaar “Bild – Begriff” wieder aufklärerisch in den Mittelpunkt künstlerischer Tätigkeit zu rücken. Ihre Aufklärungsarbeit besteht nicht in dem Mißverständnis, Kunst sei Sprachrohr von Philosophie oder Politik, sondern in der genuinen Aneignung künstlerischer Mittel (in diesem Fall Fotografie) für begriffliche Zwecke.
Baldessari füllt den Strategiebegriff kulturkritisch, Adams zeitgeschichtlich und Gerz sprachlich aus. Obwohl die Künstler differierender ästhetischer Schulung und unterschiedlichen Alters sind, liegt ein Generationskonflikt, wie man meinen könnte, nicht vor, denn der von Aristoteles als “Überzeugungsarbeit” geprägte Rhetorikbegriff bleibt die entscheidende gemeinsame Konstante.
Die Metaphorisierung der Arbeitswelt und des kulturellen Klischees (bei Aristoteles noch die reine Metaphorisierung der als Einheit von Sprache und Gegenstand verstandenen Rede) ist in Baldessaris zweiteiliger Fotoarbeit “Sailing” zentral. Die untere Abbildung eines schweißenden Arbeiters an der Werkbank wird mit der Abbildung eines Kapitäns auf der Schiffsbrücke in schwerer See kontrastiert. Die Fiktion der Arbeitswelt prallt auf die Fiktion der Kinowelt. Beide behandelt Baldessari formal und metaphorisch gleichwertig, die sprühenden Feuerfunken variieren die Wassergischt und umgekehrt. Das Gleichgewicht der Urelemente Feuer…