Frankfurt
Stéphane Mandelbaum
Tower MMK 14.04.– 30.10.2022
von Annelie Pohlen
„Ich wollte mein Leben im Leben schreiben.“ Das Zitat von Pierre Goldman ist dem Begleitheft vorangestellt. Wessen Leben gemeint ist, ob das des Autors oder das des Künstlers, dessen Werk das MMK mehr als drei Dekaden nach seinem Tod vorstellt, ist an dieser Stelle noch offen. Zumal Stéphane Mandelbaum selbst nach der aufsehenerregenden Ausstellung 2019 im Centre Pompidou dem Kunstbetrieb immer noch wenig geläufig ist. Gleichwohl ist es gerade dieses Zitat, das einen subtilen Leitfaden durch seine erste institutionelle Präsentation in Deutschland bietet.
Als „a curator and historian’s nightmare“ kennzeichnet Cody Delistraty Stéphane Mandelbaum in der amerikanischen Literaturzeitschrift The Paris Review 2019. Und das gilt auch für dessen im besten doppeldeutigen Sinne fantastischen Umgang mit seiner eigenen Lebensgeschichte. Als gesichert kann gelten: Seine grausam entstellte Leiche wurde 1986 von Kindern in einem Felsspalt in der Nähe von Namur gefunden. Dahinter steckte vermutlich ein in den Vorstellungen seiner mafiösen Auftraggeber betrügerisch erledigter Diebstahl. Eine Tätigkeit, wofür der vielleicht aus purer Not, möglicherweise aber auch aus Leidenschaft handelnde Künstler bisweilen hinter Gitter landete. Und wohl auch einiges an Impulsen für seine in den 70er und 80er Jahren nahezu ausnahmslos mit Kugelschreiber, Bleistift und Buntstiften gezeichnete Versammlung dichtender und bildender Künstler*innen, Filmemacher*innen, politischer Visionär*innen und Verbrecher*innen, Prostituierten und Liebhaber*innen schöpfte.
In dieser Riege spielt eben auch Pierre Goldman, ein französischer Schriftsteller, der als politischer Aktivist im Gefängnis landete. Auch sein Leben endete gewaltsam. Um 1980 datiert „Composition (Goldman, Empire des Sens et Guernica)“, ein subversiv arrangiertes Miteinander…
